Full text: Die Praxis des gleitenden Übergangs in den Ruhestand

arbeiteter Mitarbeiter vorhanden ist. Der Vorteil dieser Lösung wird darin 
gesehen, daß die Erfahrungen und Verhaltensweisen des Alteren durch das 
Erleben der alltäglichen Arbeitssituation dem Stellennachfolger unmittelbar 
zugänglich gemacht werden, und daß die durch den Personalwechsel 
unvermeidliche (temporäre) De -— Stabilisierung der sozialen Beziehungs — 
struktur gering gehalten wird"}!°, 
Hinzu kommt, daß eine Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeiter über die 
bestehenden Austrittsgrenzen hinaus eine Weiternutzung der den Alteren 
zugeschriebenen positiven Eigenschaften, insbesondere der extrafunktionalen 
Qualifikationen, wie Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewußtsein, Loyalität, 
Arbeitsdisziplin, Sorgfalt, Stabilität, Sicherheitsbewußtsein, Ausgeglichenheit 
und Ausgleichsvermögen, Integrationskraft etc. erlaubt!!!; diese können 
zudem über Sozialisationsprozesse während der Arbeit an jüngere Arbeit- 
nehmer weitervermittelt werden und somit ihren stabilisierenden Effekt 
auch zukünftig entfalten. 
Gegen ein Gleiten in den Ruhestand "spricht von seiten der Personal- 
leitung ein weiterer organisatorischer Grund, nämlich die atmosphärische 
Störung, die im Arbeitsprozeß durch die Präsenz des teilweise Freige — 
stellten entsteht. Ein mehrfach gebrauchtes Bild ist das vom braun- 
gebrannten Pensionär, der den reibungslosen Produktionsablauf stört, weil 
die Kollegen auf ihn neidisch seien und dadurch deren Lust zur Arbeit 
sinke. Auch von Betriebsräten wird von diesem Typus berichtet: "Kaum 
hat er ausgepackt, packt er schon wieder ein und sagt also bis morgen — 
viel Spaß noch bei der Arbeit. Oder ein anderer, im vierzehntägigen 
Wechselrhythmus, kam nach 14 Tagen Freizeit immer braungebrannt hier 
an und wiederum nach 14 Tagen sagte er, daß er jetzt wieder schön in 
Urlaub geht. Schön für ihn, aber das ärgert natürlich die Kollegen"*!? 
Was die aus einzelwirtschaftlicher Sicht bedeutsamen Kosten — Nutzen — 
Kalküle des GUR betrifft, so sind dazu in unseren Erhebungen, ebenso 
wie in der Literatur, keine quantifizierbaren Aussagen zu bekommen 
gewesen. Zwar wird immer wieder der Kostenanstieg (pro Kopf), bedingt 
durch Planungs - und Realisationsaufwendungen, betont, z.B. 
be Entwicklungs — und Evaluierungskosten, 
Kosten für Tarif — bzw. Betriebsvereinbarung, 
Informations — und Beratungskosten, 
ggf. Kosten für Pensionierungsvorbereitungsprogramme, 
110 Stitzel, M. (1984), S. 351-352 
‘11 Vgl. Offe, C. (1970); Wellner, W. (1971); Müller - Hagen, D. (1977); Kossbiel, H. 
(1979); Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbäne (Hrsg.) (1980); Türk, 
K. (1981); Hohn, H.-W./Windolf, P. (1982); Windolf, P./Hohn, H.-W. (1984); 
Bayerisches Staatsministeriuum für Arbeit und Sozialordung (Hrsg.) (1986), S. 63-64 
und S$.84. 
Wolf, J. (1988), S. 72. 
112
	        
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