Arbeitnehmer ab dem 55. Lebensjahr auf 35 Stunden die Woche verkürzt
werden, in der zweiten Stufe ab dem 60. Lebensjahr auf 30 Stunden.
Zwar wird im DGB — Grundsatzprogramm schon seit 1963 die Forderung
nach Herabsetzung der Altersgrenze auf generell 60 Jahre gefordert und
eine diesbezügliche Diskussion wurde 1978 auch in den Reihen der NGG
geführt, eine konkrete tarifpolitische Forderung wurde daraus aber nicht
abgeleitet.
Mit ihrem sozialpolitisch gut begründeten Forderungskatalog hatte die
NGG als agierende Partei etwas vorgelegt, auf das sich der AdC zuerst
einmal zu beziehen hatte. Dies nicht nur, weil sich die Zigarettenindustrie
selbst rühmt, "seit langem zu den Ssozialpolitischen Vorreitern in der
Wirtschaft zu zählen"®*, sondern auch, weil bei steigendem Inlandsumsatz
(1977: etwa 116 Milliarden Stück, 1978: etwa 122 Milliarden Stück) und
guter Gewinnsituation größere Rationalisierungs -— und Automatisierungs —
investitionen sowie Betriebsstillegungen bzw. -—verlegungen anstanden und
man hierzu — bei Wahrung des Betriebsfriedens — die Zustimmung der
Arbeitnehmervertretungen wollte. Wie der damalige Verhandlungsführer
und AdC- Vorsitzende Ernst Zander aber ausführt, weist schon eine
oberflächliche Betrachtung des gewerkschaftlichen Forderungskatalogs die —
sen als "betriebswirtschaftlich unvertretbar aus"$®,
Hinzu kam, daß die Forderung nach einem Gileitmodell der Arbeit -
geberseite aus arbeitsorganisatorischen Gründen nicht umsetzbar erschien
und sie deshalb den Kompromiß der einstufigen 20 Std. Regelung ein-—
brachte. Zudem kam von der Arbeitgeberseite — die NGG forderte dies
damals nicht — der Vorschlag einer vollständigen Freistellung von der
Arbeit, weil in einigen Bereichen, wie z.B. dem Außendienst, "sich eine
'Halbzeitbeschäftigung’ nicht durchziehen ‚lassen würde" (Arbeitgeber)*®.
Deshalb forderte der AdC: "Wir müssen als Alternative die Möglichkeit
der totalen Freistellung haben."
Der wichtigste Teil des erzielten Kompromisses "Sonderregelung für
ältere Arbeitnehmer" (Sudermühlenregelung) lautet:
Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und dem
Unternehmen mindestens zehn Jahre angehören, können im Einvernehmen
mit Arbeitgeber und zuständigem Betriebsrat bis zum frühest möglichen
Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung alternativ
a) von der Arbeit bei Fortzahlung von 75% ihrer Bruttobezüge ein -
schließlich Jahressonderzahlung freigestellt oder
b) bei herabgesetzter Wochenarbeitszeit von 20 Stunden mit vollem
Arbeitsentgelt beschäftigt
werden.
34 Zander, E. (1978), S. 131.
35 Zander, E. (1978), S. 132.
36 Mit ’Arbeitgeber’ zitierte Ouellen stammen aus von uns durchgeführten Interviews.
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