228 I. Teil. Allgemeine pädagogische Psychologie.
Behandlung neuer Stoffe am angemessensten erscheint, so muß
es sich doppelt rächen, wenn man eine philosophische Methode,
die schon an sich verfehlt ist und die Philosophie in Verachtung
gebracht hat, zugleich als Lehrmethode anwendet auf einem
Gebiete, das für die Jugend wie für die Erwachsenen anerkannter-
maßen das schwierigste ist.
$ 22. Die Werttypen der Erzieher.
1. Es mag für viele nahe liegen, den Typus des Wissen-
schaftlers als denjenigen anzusehen, der für die Schule am
meisten erwünscht ist. Vor allem wird man ihn auf der höheren
Schule am meisten am Platze finden und mit dem Aufsteigen der
Klässen in zunehmendem Maße als notwendig betrachten. Diese
Anschauung führt sich darauf zurück, daß man die höheren
Bildungsanstalten in der Hauptsache als Lehranstalten ansieht.
Sie erscheint in vollem Maße gerechtfertigt für wissenschaft-
liche Fachschulen, also namentlich für die philosophische Fakul-
tät der Universität, die mit Recht in erster Linie 'als eine Ver-
einigung solcher Schülen angesehen wird und nur den Fehler
begeht, daß sie diesen Charakter zu einseitig oder ausschließlich
hervorkehrt, unbekümmert um das gute Beispiel, das ihr die
medizinische Fakultät gibt. Sofern man nur das Lehrgut als
solches in Betracht zieht, wird sich gegen jene Bevorzugung des
Wissenschaftlers, namentlich an höheren Lehranstalten, nichts
einwenden lassen; denn er wird wie kein anderer an sich ge-
eignet sein, die Schüler zur ruhigen Sachlichkeit, zur kühlerf,
objektiven Beurteilung der Dinge, zur wissenschaftlichen Vor-
sicht und Umsicht zu erziehen. Aber dieses Ideal der strengen
Wissenschaft steht erst am Ende des Kindes- oder vielmehr des
Jugendalters. Berücksichtigt man daher "in genügender Weise
das frisch pulsierende Leben des Zöglings, bei dem das Wissen
oder die Wissenschaft doch nur einen Teil seines Erlebens
ausmacht und nicht einmal den wichtigsten, bei dem am Anfange
nicht das Wort oder der Gedanke, sondern die. Tat steht, so
begreift man, daß der Wissenschaftler erst dann bis zum Herzen
der Schüler vordringen wird, wenn er zugleich über natürlichen
pädagogischen Takt verfügt oder eine hinreichende pädagogische