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,,Es geht nicht, Wladimir Iljitsch, wir kämen zur Versamm
lung zu spät.“
„Vielleicht könnten wir doch fahren Ich möchte so
gern das Grab sehen . . bittet er fast kindlich,
,,Es geht nicht.“
Er fügte sich.
Als wir dann aber zwecklos, als einsame Gruppe auf dem
Platze standen und die nach russischer Gewohnheit sich um zwei
Stunden verspätende Demonstration erwarteten, sagte Lenin vor
wurfsvoll;
„Ihr habt mich angeführt. Wir hätten in dieser Zeit zweimal
zum Friedhof fahren können “
Und wenn die Deutschen nicht unerwarteterweise erschienen
wären, so hätte er uns mit seinen Vorwürfen die Hölle heiß ge
macht. Crispien und Dittmann retteten uns.
„Oh, das scheinen ja die Deutschen zu sein,“ rief Lenin beim
Anblick dieser, an das Parlament gemahnenden Gestalten.
„Sie sind auch gekommen!“ ....
Einen Augenblick später entspann sich auf dem Platz ein
hitziges Wortgefecht in deutscher Sprache,
„Wir halten, wir halten . . . .“ wiederholten die Deutschen
hartnäckig.
Und Iljitsch lachte laut über ihr „Halten“, um dann gleich
wieder wie ein Gewittersturm über sie herzustürzen.
Der Streit drehte sich darum, daß die Deutschen Lenin ver
sicherten, sie hielten große Arbeitermassen unter ihrer Leitung,
und daß, wenn es in Deutschland zur Revolution käme, diese ge
ordneter verlaufen würde als in Rußland.
Und als nach einiger Zeit eine vieltausendköpfige Menge auf
diesem Platze immerfort ruft:
„Lenin! Wir bitten Lenin!“
Und der Versammlungsvorsitzende mit heiser gewordener
Stimme der Menge versichert, daß Lenin seine Rede beendet
habe und eiligst fortgefahren sei.
Und die Menge immer hitziger verlangt:
„Lenin Lenin!“ ....
Und dem Lärm der Menge sich immer neue und neue
Stimmen der anlangenden Demonstranten anschließen . . .