Full text: Die Arbeitslosigkeit und die Aufgaben der Kommunisten

Die französischen Sozialdemokraten für Abwälzung 
der Sozialversicherungslasten auf die Arbeiter 
Wenn es sich darum handelt, den Arbeitern Sand in die 
Augen zu streuen und Verrat an den Interessen der Arbeiter 
klasse zu üben, steht auch die Sozialistische Partei Frankreichs 
hinter ihren Schwesterparteien nicht zurück. 
Am 26. April 1930 nahm das französische Parlament ein 
verworrenes spitzfindiges Gesetz über die Versicherung gegen 
Krankheit, Invalidität, Todesfall und Gebrechlichkeit infolge 
hohen Dienstalters an. Auf Grund dieses Gesetzes gewährt die 
Versicherung gegen Krankheit den Versicherten das Recht auf 
ärztliche Hilfe und Arzneimittel zum Preise von 15 bis 20 Pro 
zent des üblichen Verkaufspreises. Während der Dauer der 
Krankheit kann der Versicherte sechs Monate lang 20 bis 
50 Prozent des durchschnittlichen Tagesverdienstes beziehen, 
wenn er mindestens drei Monate lang vor der Krankheit Bei 
träge geleistet hat. Die überwiegende Mehrheit der Erkrankten 
erhält faktisch keinerlei Krankenunterstützung, da ihre Aus 
zahlung erst am sechsten Tage der Erkrankung an beginnt. 
Die Beiträge zum Versicherungsfonds werden von den Ar 
beitern und Unternehmern jeweils zur Hälfte, in Höhe von 8 bis 
9 Prozent des Arbeitslohnes, entrichtet. 
(m Vorstand der ausschlaggebenden Krankenkassen besteht 
die Mehrheit aus Vertretern der Unternehmer, Sachverständigen 
und Beamten und die Minderheit aus Vertretern der refor 
mistischen und christlichen Gewerkschaften. 
Berichterstatter im Parlament war der Sozialist Antonelly. 
Alle Sozialisten stimmten zusammen mit der Bourgeoisie für 
dieses Gesetz (dafür stimmten 550 Abgeordnete, dagegen 
20 Abgeordnete — die Kommunisten) Die Sozialisten und die 
reformistischen Gewerkschaften sprachen sich für die Leistung 
von Beiträgen zum Versicherungsfonds durch die Arbeiter aus. 
Georges Buisson — der Sekretär des reformistischen 
Gewerkschaftsbundes Frankreichs — der das Sozialwirtschafts- 
ressort dieses Gewerkschaftsbundes verwaltet, schrieb im 
Zentralorgan der Gewerkschaften, „Peuple“, vom 2. Dez. 1930: 
„Das Gesetz sieht die Leistung von Beiträgen seitens der 
Arbeiter vor. Die dem Gewerkschaftsbund angehörenden 
Organisationen erheben diese Beiträge. Sie haben stets für 
die Arbeiter das Recht auf Arbeiterbeiträge gefordert, die der 
Sozialversicherung den Charakter einer Sklaven- und Wohl 
tätigkeitsorganisation nehmen und sie zu einem wirklichen 
Akt der menschlichen Solidarität machen. Wir sind Anhänger 
der Arbeiterbeiträge und fordern, daß die Arbeiter diese 
Beiträge als Gegenleistung gegen die ihnen durch das Gesetz 
eingeräumten Vorteile entrichten.“ 
Der Führer der Sozialisten, Leon Blum, hat im Zentralorgan 
der Sozialistischen Partei, im „Populaire“. den gleichen Stand 
punkt hinsichtlich des „moralisch veredelnden“ Charakters der 
Arbeiterbeiträge vertreten. Aber die Arbeiter Frankreichs waren 
„ anderer Meinung über die Arbeiterbeiträge: sie haben sich im 
36 Herbst vorigen Jahres spontan gegen diese Beiträge erhoben
	        
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