Full text: Archäologische Entdeckungen im 20. Jahrhundert

vollen öffentlichen Thermen aus, die nach einem Brande von 
einem Bürger erneuert wurden ; daneben gab es noch andere, bis- 
her nicht freigelegte private Bäderanlagen. 
Die beiden Hauptstraßen des einstigen Militärlagers, Cardo 
und Decumanus, setzten sich in gerader Flucht rechtwinklig 
durch das unregelmäßige Straßennetz fort und zerlegten die 
Stadt in vier Regionen, zu denen als fünfte die City trat, die 
Umgebung des Kaiserforums mit seinen Tempeln, das die Mitte 
des alten Militärlagers bildete. In den Erdgeschossen der Stra- 
Benfronten, teils auch der Höfe, lagen Läden oder Garküchen, 
deren Inhaber im Mezzanino darüber wohnten; erst im zweiten 
Stock folgte wie in modernen italienischen Häusern der Piano 
nobile mit teils reihenweise vorspringenden Balkonen, die auf 
Holzbalken oder Kragsteinen ruhten. Regelmäßige Fenster- 
reihen öffneten sich nach der Straßenfront wie nach der Rück- 
seite, und die großen, mehrstöckigen Hallenhöfe nahmen den 
neuzeitlichen Loggienbau vorweg. Außer den zahlreichen Gar- 
küchen fand sich auch ein feines Restaurant mit mehreren geson- 
derten Speiseräumen, sogar eine Großbäckerei, die ersteihrer Art. 
Eine Eigenart von Ostia, der buntfarbige Ziegelbau, an die 
Ziegelgotik nordischer Städte gemahnend, erklärt sich aus der 
Steinarmut der Gegend. Gelbe und rote Ziegelmauern, durch 
tiefrote Streifen belebt und durch Pilaster und Säulen aus 
grauem Tuff oder goldgelbem Travertin mit Knäufen und Sok- 
keln aus Kunstziegeln gegliedert, gaben der Architektur ein 
farbenfrohes Gepräge. In weißem oder buntem Marmor oder in 
Travertin prangten die Tempel und öffentlichen Gebäude; 
Säulenstraßen, Brunnen und Portiken verliehen dem Straßen- 
bild etwas Festliches. Durch ein marmornes Doppeltor führte 
die Via Ostiensis, von langen Gräberreihen eingefaßt, nach Rom, 
und um die Stadt schlang sich ein Kranz heller Villen in schat- 
tigen Parks. 
Die zahlreichen Ausländer brachten ihre heimischen Kulte 
mit, den der phrygischen Magna Mater und anderer, syrischer 
an
	        
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