Full text: Archäologische Entdeckungen im 20. Jahrhundert

In die späteren Kulturen des Zweistromlandes führen zwei wei- 
tere deutsche Unternehmungen. Die eine war die vor dem Welt- 
krieg von Assur aus durchgeführte Aufnahme des um 250 n. Chr. 
zerstörten parthischen Wüstenschlosses Hatra*%), die wertvolle 
Aufschlüsse über den späteren orientalischen Gewölbebau gab. 
Die andere, seit 1928 von O. Reuther (Dresden) im Auftrag der 
Deutschen Orientgesellschaft und mit Unterstützung der Not- 
gemeinschaft ausgeführt, war die Ausgrabung der hellenistischen 
Großstadt Seleukia am alten Tigrislauf und der ihr gegenüber 
am linken Ufer entstandenen sassanidischen Weltstadt Ktesi- 
phon?!’). Durch sie ist ein geschichtlich hochbedeutsamer, aber 
bisher leerer Raum — der vom Tode Alexanders des Großen bis 
zu Mohammed — ausgefüllt worden. Im Jahre 310 v. Chr. von 
Seleukos, einem General Alexanders, dem Begründer des Seleu- 
kidenreiches, erbaut, um an Stelle des verfallenden Babylon zu 
treten und als Mittelpunkt der hellenistischen Kultur im Zwei- 
stromlande zu dienen, hat es diese Aufgabe zwei Jahrhunderte 
erfüllt, bis es dank den Römern, die auf die Zerstörung des Helle- 
nismus in Kleinasien hinarbeiteten, unter die Herrschaft der 
Parther geriet. Ihre ersten Herrscher, die Arsakiden, ließen ihm 
jedoch seine Selbständigkeit und schlugen ihr Hoflager in der 
Vorstadt Ktesiphon auf, die dadurch zu einer starken Festung 
wurde. So hat Seleukia noch zwei Jahrhunderte im Kampf um 
sein Dasein bestanden; erst die Römer haben es 164 n. Chr. zer- 
stört und damit dem Hellenismus in Asien den Todesstoß ver- 
setzt. Um so mächtiger wuchs Ktesiphon unter der neupersi- 
schen Dynastie der Sassaniden empor; es hat schließlich Kon- 
stantinopel an Größe und Pracht übertroffen. In seinem kreis- 
runden. Mauerring, der an die alten hethitischen Königsburgen 
gemahnt, ragt noch heute halb zerstört die ungeheure Bogen- 
wölbung empor, die den Thronsaal seines Königspalastes über- 
spannt, eine der größten Bogenbauten der Welt, die den Thron- 
3aal Nebukadnezars in Babylon weit übertrifft. Die Stuckdeko- 
ration der Palastwände, teils Jagdszenen darstellend, und über- 
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