Full text: Archäologische Entdeckungen im 20. Jahrhundert

immer mehr zur Begräbnisstätte kleiner Leute herabsank, trat 
neben dem Steinbau wieder der alte billige Ziegelbau mit sei- 
nen eigentümlichen Formen auf. Auch die Anbauten der 4. Dy- 
nastie kehrten wieder. Doch von solchen Rückschlägen abgesehen, 
zeigen alle Ausgrabungen in Sakkara und Gise die ägyptische 
Kunst im stürmischen Fortschritt ihrer Jugendzeit und im Ge- 
stalten neuer Bauformen. Damit zerrinnt die landläufige Vor- 
stellung, daß diese Kunst starr, einförmig und urkonservativ 
gewesen sei, was doch nur für ihre Spätzeit wie für die aller 
Kulturen zutrifft. Selbst im Neuen Reich, in der Zeit des 
„Ketzerkönigs‘“ Amenophis IV. und seiner unmittelbaren Nach- 
folger, findet sich noch einmal eine Epoche großer Stilwand- 
lungen. 
Die 5. Dvnastie (um 2600 v. Chr.), die sich zu einem Gipfel 
künstlerischer und materieller Kultur erhob, kehrte zu der ge- 
fälligen, schmückenden Kunst von Sakkara zurück: statt der 
kantigen Granitpfeiler von Gise Palmensäulen mit zierlichen 
Kapitellen, statt der glatten Wände aus riesigen Steinblöcken 
reliefgeschmückte Kalksteinplatten, alles in prachtvoller Viel- 
farbigkeit von schwarzem Basalt, rotem Granit und weiß leuch- 
tendem Alabaster. Drei ihrer Königsgräber bei Abusir hat Lud- 
wig Borchardt 1902 bis 1908 mit den Mitteln der Deutschen 
Orientgesellschaft ausgegraben ®) und dadurch ihre ganze An- 
lage zum erstenmal völlig geklärt: den Torbau oder Taltempel 
am Nilufer, den gedeckten Rampenweg zum Schutz gegen 
Sandverwehungen, der bis zu 4 km Länge aus der Frucht- 
niederung zum Wüstenplateau emporführte, und schließlich den 
Totentempel vor der Pyramide, der sich in zwei voneinander ge- 
trennte Bauten gliederte: den eigentlichen Tempel für die Menge 
der Teilnehmer an den Totenfeiern und die abgeschlossene Kult- 
kammer für die Nächststehenden vor der Scheintür der Pyra- 
mide zwischen Reihen von Schatz- und Vorratskammern. Der 
Totentempel selbst zerfiel in eine breite und eine dahinter- 
liegende, tiefe Säulenhalle, und das gleiche Schema wiederholte 
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