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14. Agadir und Tripolis
Auch nach dem Vertrage von 1909 war es in Marokko nie ganz .
ruhig geworden. Die Hindernisse, die Frankreich den wirtschaftlichen
Unternehmungen der Brüder Mannesmann in den Weg legte, die weit
gehenden finanziellen Verpflichtungen, die es 1910 dem Sultan Muley
Hafid aufnötigte, die Besetzung der wichtigsten Verwaltungsposten mit
Franzosen riefen in Deutschland Empfindlichkeit und Bedenken hervor.
Im März 1911 kam in Frankreich ein neues Ministerium ans Ruder,
dessen Seele der alte Deutschenfeind Delcasse als Marineminister war. '
jetzt begann das Streben nach völliger und schneller Unterwerfung
Marokkos immer deutlicher hervorzutreten. Daß man wiederholt ver
sprochen hatte, die Unabhängigkeit des Sultans zu respektieren, schien
man in Paris ganz vergessen zu haben. Auch zeigte man nicht die ge
ringste Neigung, den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in
Marokko selbst und in Mittelafrika Rechnung zu tragen, wie man, so
lange die Verhandlungen über den Vertrag von 1909 schwebten, und
auch noch einige Zeit nachher hatte hoffen lassen. Unruhen an der
Küste und in Fez, bei denen die Sicherheit der Europäer bedroht sein
sollte, ließen im April zunächst den Plan auftauchen, einen zweiten
Flafenplatz außer Casablanca, Rabat, zu besetzen. Ob wirklich ernstliche
Unruhen im Lande stattgefunden haben, muß bezweifelt werden. Wie
schon früher, wurden die Zwischenfälle, die ein Eingreifen rechtfertigen
sollten, meist von den Franzosen selbst hervorgerufen und dann von
ihrer Presse bis zur nötigen Größe aufgebauscht. Bald darauf kam
man in Paris zu der Überzeugung, daß auch Fez selbst wenigstens vor
übergehend besetzt werden müsse. Durch Cambon wurde die deutsche
Regierung davon informiert; sie erhielt zugleich die Versicherung, daß
Frankreich die Algesiras-Akte respektieren und nach Herstellung der
Ruhe die besetzten Gebiete wieder räumen werde. Bethmann und
Kiderlen warnten eindringlich, da es schwerer sein werde, Fez wieder
zu verlassen als dorthin zu gehen, sprachen aber weder eine Zustim
mung aus, noch meldeten sie einen förmlichen Widerspruch an 1 ). Als die
J ) J. Cambon an Kiderlen, 6. April 1911. Kiderlen an Cambon, 7. April.
Schön, 19. und 20. April. Bethmann an Schön, 19. April.