Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Deutsch-französischer Vertrag 
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land allmählich vollständig vor der Entschlossenheit Frankreichs zurück. 
Die französische Armee sei schlagfertig, und Deutschland werde einem 
energischen Gegner gegenüber vor den äußersten Konsequenzen immer 
zurückweächen 2S ). 
Mitte September war man endlich im wesentlichen über die Gebiets 
abgrenzung einig. Es blieben noch einige Differenzen über die künftige 
Stellung der Deutschen in Marokko. Die von Deutschland geforderte 
Beteiligung an den marokkonischen Eisenbahnbauten lehnten die Fran 
zosen ab. Anfang Oktober waren auch diese Punkte erledigt. 
Im letzten Augenblick versuchte Caillaux noch einmal einen Strei 
fen am Ubangi, der die Verbindung zwischen den französischen 
Kolonien herstellen sollte, gegen das Vorkaufsrecht auf den belgischen 
Kongo herauszuhandeln, da es dann leichter sein werde, den Vertrag 
im Parlament durchzubringen. Als dies von deutscher Seite abgelehnt 
wurde, erklärte Caillaux, Frankreich werde sein Wort halten, aber die 
erhoffte günstige Wirkung auf die allgemeinen Beziehungen beider 
Länder würde nicht eintreten, wenn Deutschland sich so wenig ent 
gegenkommend zeige, vielmehr werde ein Stachel Zurückbleiben. Zu 
allerletzt machte Kiderlen noch ein kleines Zugeständnis in der Grenz 
frage, wofür der französische Minister seinen wärmsten Dank aus 
sprach 28 29 ). Am 23. Oktober wurde in einem Notenwechsel festgestellt, 
daß beide Regierungen den Wunsch hätten, die gegenseitigen Bezie 
hungen freundlicher zu gestalten. Am 2. November konnte das Kongo 
abkommen in seiner endgültigen Gestalt dem Kaiser vorgelegt werden; 
gleich darauf wurde es unterzeichnet und publiziert (4. November). 
Auf Wunsch Caillaux wurde auch Ende November noch vor der fran 
zösischen Kammerverhandlung der deutsche Kreuzer von Agadir zurück 
gerufen. Der Minister versprach sich dafür erkenntlich zu zeigen 30 ). 
Deutschland hatte eine Erweiterung seiner Kolonie Kamerun auf 
Kosten des französischen Kongo als Entgelt für den völligen Verzicht 
auf weitere Einmischung in Marokko erhalten. Über den Wert dieser 
Erwerbung gingen die Meinungen sehr weit auseinander. Bekanntlich 
mißbilligte der Kolonialsekretär von Lindequist den ganzen Vertrag 
und forderte schon während der Verhandlungen seinen Abschied, weil 
man seine Einwände unberücksichtigt ließ. Er wurde ihm aber erst 
nach Abschluß des Vertrages bewilligt. Man wird sagen dürfen, daß 
es Kiderlen im wesentlichen auf einen äußerlichen Prestige-Erfolg ange 
kommen ist, der sich im Erwerb einer Anzahl von Quadratmeilen Urwald 
und einer unbestimmten Menge von Negerbevölkerung ausdrückte. 
Wenn gelegentlich ein größeres afrikanisches Kolonialprogramm bei 
ihm durchzuleuchten scheint, so dürfte sich der Gedanke daran bei 
28 ) Schön, 10. August. 
29 ) v. d. Lancken, 3. Oktober. Kiderlen an Schön, 21. Oktober. Schön, 
21. Oktober. 
30 ) J. Cambon an Kiderlen, 14. November. Schön, 26. und 28. November.
	        
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