Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Gefahr eines allgemeinen Krieges 
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unter Protest gefallen lasse, so werde dies ein Zeichen sein, daß man 
ungehindert gegen Serbien Vorgehen könne 21 ). 
Aus Petersburg meldete Pourtales, daß die Großfürstenpartei den 
friedlich gesinnten Zaren in eine direkt kriegerische Stimmung zu bringen 
gewußt habe, vermutlich unter Mitwirkung des merkwürdigen Propheten 
Rasputin. Sassonow weiche vor den Panslawisten zurück und rede von 
Krieg. Die Lage fange an gefährlich zu werden 22 ). Aus Bukarest 
hörte man, daß der russische Gesandte in Belgrad, der ganz pansla- 
wistisch gesinnte Hartwig, dem rumänischen Vertreter gegenüber Ser 
biens Verzicht auf einen Adriahafen für ganz unmöglich erklärt habe. 
Serbien müsse die slawische Vormacht auf dem Balkan werden, müsse 
sich Bosnien, die Herzegowina und die südslawischen Teile Ungarns 
angliedern; Rumänien, meinte er, werde seinen Interessen dienen, wenn 
es ebenfalls zugreife und Siebenbürgen nehme. Italien spiele ein dop 
peltes Spiel und Deutschland werde sich schließlich 1 , wenn es Ernst 
werde, doch desinteressieren. Vergeblich bemühte sich Sassonow, 
darüber zur Rede gestellt, diese Äußerungen seines Vertreters als teils 
entstellt, teils völlig harmlos erscheinen zu lassen 23 24 25 ). 
Am 22. November traf Erzherzog Franz Ferdinand, angeblich zu 
einem bloßen Jagdbesuch, beim Kaiser in Springe ein. Am folgenden 
Tage kam der österreichische Generalstabschef nach Berlin, um mit 
General v. Moltke, wenn der Krieg trotz aller friedlichen Bemühungen 
doch ausbrechen sollte, die für diesen Fall zu treffenden Maßregeln zu 
beraten. Der Kaiser meinte, es sei jetzt ein Augenblick höchsten Ernstes; 
auch er wollte jetzt nicht mehr die Verantwortung auf sich nehmen, 
Österreich am Losschlagen zu hindern, da dessen Unterbleiben schwere 
Folgen für die innere Politik des Donaustaates haben könne. Er befahl 
den Botschaftern in Paris und London, festzustellen, welche Haltung 
die dortigen Regierungen im Kriegsfall einnehmen würden und fort 
laufend an ihn persönlich zu berichten 23 ). Gleichzeitig eilte als Ver 
trauensmann des Kaisers Franz Josef General Conrad v. Hötzendorf 
nach Bukarest zu König Karl, versprach Unterstützung für Rumäniens 
Wunsch nach einer Gebietsvergrößerung in der Dobrudscha und erhielt 
das Versprechen bundestreuer Haltung. Ein gemeinsamer Aufmarsch 
plan gegen Rußland und Serbien wurde schriftlich vereinbart 21 ). Der 
Zar schickte sofort einen Großfürsten nach Bukarest, um eine Gegen 
wirkung auszuüben. 
Inzwischen begann sich der Balkanbund zu lockern. Die Bulgaren 
zeigten sich nicht geneigt, für Serbiens Adriahafen zu kämpfen und 
21 ) Tschirschky, 17. und 21. November. 
22 ) Pourtales, 20. November. 
2S ) Griesinger (Belgrad), 12. November. 
24 j Der Kaiser an Kiderlen, 22. November. Bericht Gen. Conrads aH 
Kaiser Franz Josef, 2. Dezember. Aus meiner Dienstzeit 2, 354 f. 
25 ) Waldhausen (Bukarest), 24. November und 3. Dezember.
	        
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