Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

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18. Der Ausbruch des Weltkrieges ‘) 
Am 28. Juni 1914 wurde Erzherzog Franz Ferdinand in Serajewo 
ermordet. 
Wenige Wochen vorher war Kaiser Wilhelm bei ihm in Konopischt 
gewesen. Man hatte die Lage im nahen Orient ausführlich besprochen, 
und immer wieder war das unlösbare Problem erörtert worden, wie 
man Bulgarien an den Dreibund heranziehen könne, ohne Rumänien 
ganz zu verlieren. Von österreichischer Seite wurden diese Fragen in 
einer ausführlichen Denkschrift zusammengefaßt, die uns noch einmal 
die für die Hofburg leitenden Gesichtspunkte am Vorabend der Kata 
strophe deutlich zeigt. Rußland, so hieß es darin, wolle den Balkanbund 
mit gegen Österreich gerichteter Spitze wiederherstellen, Serbien auf 
Kosten der Donaumonarchie vergrößern und es dafür zur Abtretung 
mazedonischer Gebiete an Bulgarien veranlassen. Die Türkei ängstige 
man mit der Vorstellung, daß Deutschland eine Aufteilung Kleinasiens 
erstrebe, die Rumänen locke man mit der Hoffnung auf die Befreiung 
ihrer in Ungarn lebenden Volksgenossen. Österreich könne diesen Ver 
suchen nicht länger tatenlos zusehen. Es müsse wissen, was es von 
Rumänien zu erwarten habe, glaube aber nicht, daß das Bündnis jemals 
wieder die alte Festigkeit erlangen werde. Durch die zweifelhafte 
Haltung Rumäniens werde auch die militärische Lage beim Ausbruch 
eines Krieges zu Ungunsten des Dreibundes verschoben. Jedenfalls 
!) Die folgende Darstellung beruht auf dem allgemein zugänglichen 
Material, das in großer Vollständigkeit, soweit es damals veröffentlicht war, 
von E. Sauerbeck (Der Kriegsausbruch 1919) gesammelt und beleuchtet 
worden ist. Die einzelnen zitierten Aktenstücke sind mit Hilfe der trefflichen 
chronologischen Zusammenstellung von B. W. v. Bülow (Die ersten Stunden 
schläge des Weltkriegs 1922) leicht aufzufinden. Vollständig sind bisher nur 
die deutschen und österreichischen Akten veröffentlicht (Die deutschen Dokumente 
zum Kriegsausbruch, hrsg. v. Graf M. Montgel as und W. Schücking, 
4 Bände 1919, und Diplomatische Aktenstücke zur Vorgeschichte des Krieges 
1914. Ergänz, und Nachträge zum Österreich. Rotbuch. 3 Teile 1919). Die 
amtlichen Publikationen der anderen Länder weisen große Lücken und Ver 
stümmelungen auf. Zu den russischen Akten ist jetzt zu vergleichen: Die 
Fälschungen des russischen Orangebuches; der wahre Telegrammwechsel Paris— 
Petersburg beim Kriegsausbruch, hrsg. von F r h r. G. v. Rom b erg, 1922.
	        
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