Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

420 
Neue Vermittlungsvorschläge 
den Untersuchungen) eine direkte Ablehnung ausgesprochen war, er 
klärte der österreichische Gesandte, unmittelbar nachdem er die Note 
durchgelesen hatte, seiner Instruktion gemäß dieselbe für ungenügend 
und brach die diplomatischen Beziehungen ab; 30 Minuten darauf ver 
ließ er mit dem Gesandtschaftspersonal Belgrad. Er hatte Befehl, 
sofern nicht eine völlig bedingungslose Unterwerfung erfolge, was 
nicht anzunehmen war, sofort abzureisen. 
Schon am Nachmittag hatte die serbische Regierung die Mobil 
machung angeordnet; am Abend verfügte auch Österreich die Mobili 
sierung der acht südlichen Armeekorps. 
Auf die Nachricht von diesen Vorgängen erneuerte Grey am 
26. Juli seinen Vorschlag auf Vermittlung der vier Mächte unter der 
Voraussetzung, daß Österreich vorläufig von militärischen Operationen 
absehe. Er hielt für das beste Mittel dazu eine Botschafterkonferenz 
in London und bat die deutsche Regierung, auf Österreich dahin zu 
wirken, daß man dort die serbische Antwort wenigstens als Grundlage 
weiterer Besprechungen annehme. Der englische König erklärte dem 
Bruder des Kaisers, der gerade in London weilte, er werde alles tun, 
damit England nicht in den Krieg hineingezogen werde. 
Deutschland betonte nochmals, daß nach seiner Meinung nur eine 
Vermittlung zwischen Österreich und Rußland, nicht aber zwischen 
Österreich und Serbien möglich sei. Eine Botschafterkonferenz hielt 
man nicht für den richtigen Weg der Vermittlung. Man teilte inzwischen 
den englischen Vorschlag nach Wien mit, allerdings ohne ihn seiner 
seits ausdrücklich zu befürworten. Frankreich nahm den englischen 
Vorschlag an; Rußland ebenfalls, für den Fall, daß direkte Ver 
handlungen nicht zum Ziele führen sollten. Es versicherte aber Serbien 
für den Notfall seiner Hilfe. Die englische Regierung behielt sich 
zunächst beiden Parteien gegenüber für den Fall eines allgemeinen 
Konfliktes völlige Handlungsfreiheit vor. Auf Frankreichs Anregung 
richtete sie noch an Deutschland die Bitte, selbst eine angemessene 
Formulierung für den Vermittlungsvorschlag anzugeben. 
Wie schon erwähnt, wollte Rußland zunächst den Versuch machen, 
sich direkt mit Österreich zu verständigen. Es schlug am 26. Juli die 
Milderung einzelner Punkte des Ultimatums vor. Es setzte dabei voraus, 
daß Österreich Serbien nicht angreife. Sonst könne keine Versicherung 
Österreichs als ausreichend betrachtet werden. 
Österreich glaubte jedoch immer noch durch das Versprechen, 
keine territorialen Abtretungen fordern zu wollen, Rußlands Ein 
mischung verhindern zu können. Es war zu kriegerischen Maßregeln 
entschlossen und blieb dabei, daß alle Zugeständnisse Serbiens nur 
Schein seien. 
Inzwischen tauchte noch ein neuer italienischer Vermittlungsvor 
schlag auf. Österreich sollte den vier Mächten über diejenigen Punkte 
seines Ultimatums, die Serbien nicht ohne weiteres angenommen hatte,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.