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Politik Englands
Bureau zu verschwinden, offenbar, damit ein etwaiger neuer Gegen
befehl des Zaren ihn nicht erreichen könne. Um 6 Uhr abends wurde
die Ordre zur allgemeinen Mobilmachung telegraphisch abgesandt; am
am 31. früh war sie in Petersburg öffentlich angeschlagen.
Dieser Verlauf der Dinge zeigt deutlich, daß der Generalstab zwei
fellos im Einverständnis mit der Großfürstenclique, von Anfang an auf
die Gesamtmobilmachung, d. h. auf den Krieg himarbeitete, daß er aber
erst allmählich Sassonow und ganz zuletzt den friedliebenden Zaren
dafür gewinnen konnte. Für deren Entschlüsse können weder öster
reichische noch deutsche Mobilisierungsmaßregeln entscheidend gewesen
sein. Österreich hatte nur acht Korps gegen Serbien, aber nichts gegen
Rußland mobilisiert; Deutschland hatte noch gar keine militärischen
Vorbereitungen getroffen. Das berüchtigte Extrablatt des „Lokalanzei
gers“, das fälschlich die deutsche Mobilmachung meldete und sofort
dementiert wurde, erschien erst am 30. Juli, 1 Uhr mittags, in derselben
Stunde, wo nach dem Zeugnis des Generals Dobrorolski Sassonow
dem Generalstabschef telephonisch mitteilte, daß der Zar soeben die
Gesamtmobilmachung genehmigt habe.
Entscheidend war offenbar die Stellungnahme Sassonows. Hätte
er seine anfängliche Haltung bewahrt, so würde der Zar dem General
stab gegenüber wohl fest geblieben sein. Für den Minister wird wohl
die Wirkung der österreichischen Kriegserklärung an Serbien auf die
öffentliche Meinung Rußlands ausschlaggebend gewesen sein; er fürch
tete, der Schwäche und der Preisgabe des slawischen Bruderstaates be
schuldigt zu werden, wenn er nicht sofort energische Gegenmaßregeln
treffe. Unser Botschafter glaubte, seine Schwenkung möglicherweise
auch darauf zurückführen zu können, daß er um den 26. Juli die bisher
fehlende Sicherheit einer tatkräftigen Hilfe Englands erlangt habe. Wir
haben aber bisher keine Beweise dafür, daß von englischer Seite damals
ein bindendes Wort gesprochen sei.
Es wird Grey von deutscher Seite häufig der Vorwurf gemacht,
er habe seinen großen Einfluß in Petersburg nicht benuzt, um die
Mobilmachung zu verhindern und Rußland zur Nachgiebigkeit zu be
stimmen, und es wird daraus geschlossen, daß er im Grunde seines
Herzens doch den Krieg gewünscht habe; denn er habe ihn verhindern
können, wenn er gewollt habe, habe es aber nicht getan. Ich kann
Sir Edward Grey nicht ins Herz sehen und weiß nicht, welches seine
letzten und innersten Gedanken waren. Aber auch ich habe das
Gefühl, daß er mehr hätte tun können, als er, soviel wir bisher wissen,
getan hat. Daß er niemals gewillt war, den Frieden um jeden Preis
zu erhalten, glaube ich annehmen zu dürfen; eine entschiedene De
mütigung Rußlands, die zugleich eine Niederlage der Entente gewesen
wäre, wollte er sicherlich nicht zugeben. Seine Friedensliebe fand
ihre Grenze an dem Interesse Englands, das Machtverhältnis zwischen
Entente und Dreibund nicht merklich zu Gunsten des letzteren ver-