Full text: Von Bismarck zum Weltkriege

Die belgische Frage 
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Belgien gegen eine solche Möglichkeit, wenn es nicht anders gehe, mit 
Waffengewalt zu schützen. Schon Ende Juli hatte Grey die belgische 
Angelegenheit in Berlin zur Sprache bringen lassen. Am 31. ließ er 
offiziell an Deutschland und Frankreich die Frage stellen, ob beide 
'Mächte sich verpflichten wollten, die belgische Neutralität solange 
zu respektieren, wie sie von anderer Seite nicht verletzt werde? Frank 
reich antwortete sofort zustimmend. Deutschland konnte dies nach 
Lage der Dinge nicht tun; Staatssekretär von Jagow wich daher einer 
bestimmten Erklärung aus. Am folgenden Tage sprach sich Grey 
Lichnowsky gegenüber dahin aus, daß er dies Verhalten bedaure, da 
Deutschlands Stellung zu dieser Frage den endgültigen Entschluß 
Englands sehr stark beeinflussen könne. Er weigerte sich aber auf 
des Botschafters Frage Englands Neutralität zu versprechen, falls 
Deutschland die Respektierung des belgischen Gebietes Zusage. 
Am 2. August ließ Deutschland in Brüssel die Erklärung abgeben, 
daß zur Abwehr eines nach sicheren Nachrichten bevorstehenden 
französischen Einmarsches von Süden her deutsche Truppen belgisches 
Gebiet betreten müßten. Es wurde hinzugefügt, daß hierin keine 
Feindseligkeit gegen Belgien liege, und, falls dieses weiter neutral 
bleibe, die Integrität des Königreichs und die sofortige Räumung un 
mittelbar nach dem Friedensschluß gewährleistet werde. Bekanntlich 
lehnte Belgien dies ab, und es erfolgte darauf die deutsche Erklärung, 
daß der Einmarsch trotzdem stattfinden werde (4. August). In London 
wurde noch ausdrücklich mitgeteilt, daß auch im Falle des Krieges 
mit Belgien die Integrität des belgischen Gebietes beim Friedens 
schluß gewährleistet bleiben solle. 
In seiner Unterhausrede vom 3. August gab Grey die Erklärung 
ab, daß keine Verpflichtungen zum Eingreifen in einen, europäischen 
Krieg für England beständen. Wohl aber erfordere Englands Ehre 
und Interesse, daß man einen Angriff der deutschen Flotte auf die 
französische Nordküste nicht zulasse, da Frankreich im Vertrauen 
auf sein gutes Verhältnis zu Großbritannien seine eigene Flotte im 
'Mittelmeere konzentriert habe, und ebenso die Verteidigung der bel 
gischen Neutralität, falls diese bedroht sein sollte. Er erinnerte dabei 
an die Vorgänge von 1870, ohne aber den Kernpunkt zu erwähnen, 
daß nämlich damals der Abschluß besonderer Verträge mit Deutschland 
und Frankreich für nötig erachtet worden war. Über die Zusicherungen 
Deutschlands für die Zukunft ging er mit der Bemerkung hinweg, daß 
Belgiens Unabhängigkeit jedenfalls verloren sein werde, wenn es zur 
Duldung des Durchmarsches gezwungen werde, und malte das Schreck 
bild einer völligen Einbeziehung Belgiens, Hollands und Dänemarks 
in die deutsche Machtsphäre an die Wand. Er verschwieg ferner, daß 
Deutschland angeboten hatte, die Integrität Frankreichs für alle Fälle 
zu gewährleisten und daß es England selbst gebeten hatte, die Be 
dingungen zu formulieren, unter denen es neutral bleiben wolle, ebenso
	        
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