Full text: Kritik der Schleiermacherschen Glaubenslehre

Späterhin wurde ich in Halle Privätdocent. Als nun 
die zweite Ausgabe der Schlciermacherschen Dogmatik er 
schien, bat ich selbst die Redaction der Berliner Jahrbücher, 
mir die Kritik derselben anzuvertrauen. Sie that es und 
nun erschien dieselbe in mehren Artikeln i.830 und 1831. 
Ich erzähle dies Alles hier absichtlich, weil man in dieser Kri 
tik oft dgs Werk einer parteiischen Reaction gegen Schleier- 
macher hat sehen wollen, die mich zu ihrem Organ benutzt 
hatte, wahrend ich begierig nach einer Gelegenheit griff, 
meine Meinung zur Widerlegung oder Rechtfertigung öf 
fentlich vorzulegen. Ist also in meiner Kritik Verletzendes, 
so gehört es mir an und in mir dem Drange, mich aus der 
tiefsten geistigen Verwirrung durch ihre Bekämpfung heraus 
zureißen. Allein ich glaube bei aller Offenheit und Scharfe 
meiner Opposition nirgends meiner dankbaren Verehrung für 
Schlciermacher untreu geworben zu sein. 
Gegen diese Versicherung könnte man mir dasjenige 
einwerfen, was ich in demselben Jahre über Schleiermachers 
Ansicht des kirchlichen Symbols gesagt habe und was 
ich auch hier aus dem Grunde wiederhole, weil es meine An 
sicht über die Dogmatik in historischer Beziehung erläutert 
und weil noch eben gegenwärtig der Streit über die Sym 
bolik zwischen der protestantischen und katholischen Kirche 
heftig geführt wird. Es kam aber damals darauf an, zu zei 
gen, wie Schleiermachers dogmatische Grundansicht, die Un 
bestimmtheit des Abhängigkeitsgefühls und die Stellung, 
welche er der Dogmatik in der historischen Theologie gibr, 
wo er sie in die Relativität des in's Unendliche fortlaufenden 
Bildungsprocesses wirft, ihn zu einer solchen Laxität verfüh 
ren konnte. Wo durch das Gefühl die Individualität zur 
Absolutheit erhoben ist, da darf man sich über die Consequenz 
nicht wundern, welche aus seiner Biegsamkeit eine Auslegung 
ffervorlockt, die von der Moralität nicht gebilligt werden kann, 
über welche aber der Fühlende sich in sofern erhaben weiß, 
als ja überhaupt nichts Positives epistirt, welches seiner 
frommen Eigenthümlichkeit absolut entsprechend wäre; muß
	        
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