Full text: Kritik der Schleiermacherschen Glaubenslehre

<xJie Dogmatik Schleiermachers ist so sehr der Culminations- 
punct seiner theologischen, ja in Bezug auf die Richtung, die er 
der Frömmigkeit Vieler unserer Zeitgenossen gegeben, seiner kirch 
lichen Wirksamkeit, daß uns für ihre Betrachtung erlaubt sein 
muß, von ihr rückwärts zu gehen, um ihr Verhältniß innerhalb 
seiner vielseitigen Thätigkeit überhaupt zu erkennen, soweit in der 
Kürze eine solche Darlegung thunlich ist. 
Wir treffen Schleiermacher, nachdem er aus der stillen, 
in seinem späteren Leben oft rührend durchdringenden Innigkeit 
seiner Hcrrnhutisch abgeschlossenen Jugendzeit herausgetreten war, 
zuerst in jener schönen Periode unserer Literatur, wo eine allge 
meine Krisis das Leben in jedem Gebiet erschütterte und die Zeit, 
alle ererbte Grenzsteine verrückend, mit den höchsten Erwartungen 
schwanger ging. Der hölzerne Dogmatismus, welchen die Wöl 
fische Schule in weiter Ausdehnung begründet hatte, wurde durch 
den Kriticismus bekämpft; Natur und Geschichte zogen den 
Schleier von sich, mit welchem der -dürre Verstand sie verkleidet 
hatte; die Kunst sollte Gott auch als den Gott der Schönheit 
einheimisch machen im menschlichen Geschlecht und entfaltete viele 
ihrer schönsten Blüthen. Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Göthe, 
Schiller, Tieck, Novalis, die Schlegel, die Humboldt's, Jacobi 
u. s. w. wirkten in gegenseitiger Ergänzung. Jena war der 
merkwürdige Mittelpunct einer poetisch-philosophischen, wie Hei- 
dclbcrg nach ihm der einer romantisch-historischen Begeisterung. 
Schleicrmacher wurde von jeder dieser Regungen ergriffen und 
erwarb sich eine ungemeine Empfänglichkeit für alles Bedeutende 
in jeder Sphäre. Alle Kenntniß und Fertigkeit, die ihm von 
Außen geboten ward, suchte er sich anzueignen und für die Dar 
stellung seines Dichtens und Trachtens eine künstlerische Form zu 
gewinnen. Das Gefühl, umbildend auf seine Zeit wirken zu 
Rosenke. über Schleiern». Dogm. 1
	        
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