Full text: Der Historismus und seine Überwindung

Einleitung. 
XI 
Und sicher gehörte der uns, hier wie drüben, so un 
erwartet Hinweggeraffte zu den Männern eines bis zuletzt, 
unter peinlichsten Stürmen, Enttäuschungen, Isolierungen, 
treu bewährten Glaubens. Von April 1901 bis Januar 1923 
klingt, in seinen Briefen an mich, wieder und immer wieder, 
nie gesucht, nie banal, nach bedrückendstem Leid wie in 
alles verklärender Freude, der unerschütterte, tief inner 
liche, stählende Kraft bringende Glaube an Gott — an den 
vollen, lebendigen Gott der Christen. Und zugleich damit 
und darin, unverblaßt, frisch wie in den Kindesjahren, nur 
vertieft und erweitert im Mannesgeist und Manneswillen, 
das Bild des Heilandes, jenes Jesus, der ihm, bis zuletzt, 
die höchste Macht Gottes in der emiedrigtsten Menschen 
gestalt verblieb. Diese zwei Gewißheiten stammten nun 
einmal aus einer anderen Welt als die Schicht gewisser 
seiner Analysen und Theorien — aus den schon bei seiner 
Geburt ihn umgebenden, in seinen Eltern realisierten und 
reichlich wirksamen geistigen Werten und Kräften. Herr 
lich spricht er, in den “Soziallehren” (1912), von der 
größeren Gedankenfülle der Kindertaufe verglichen mit 
der Spättaufe, da ja die Kindertaufe diese fundamentale 
Tatsache unserer Formung durch reife Gläubige, lange ehe 
wir uns selber, vollbewußt, weiterbilden können, ergreifend 
veranschaulicht. Und so erschien mir auch in dieser großen 
Seele, ja besonders ergreifend in ihr, die gewaltige Realität 
der Tradition; solche Tradition war nun einmal stets in 
ihm am Werke und wmrde von ihm stets mit keuscher 
Treue aufgenommen. 
Mögen auch die Leser folgender Vorträge diese Grund 
lagen und Voraussetzungen seines Lebens und Glaubens 
nicht übersehen, stammen doch dieselben, in seiner Be
	        
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