B. 1, 98. Vollendung der Reformation
Im Ostseehandel, für welchen Lübeck und die von ihm geführte Hanse bisher
fast ein Monopol gehabt hatten, war diesen in den von der Macht des Kaisers
getragenen Niederlanden ein gefährlicher Konkurrent entstanden. Wullenwever
kaßte den gigantischen Plan, diesen Konkurrenten durch Vernichtung der nieder—
ländischen Seemacht zu beseitigen. Aber die Niederländer fanden Verbündete.
Die Nachbarstaaten Lübecks, die Herzogtümer und Dänemark waren dem hansischen
Ostseemonopol nicht geneigt. Sie schlossen miteinander und den Niederlanden
ein Bündnis. Klugerweise hätte Lübeck nun nachgeben müssen. Aber in grösien—
wahnsinniger Ueberhebung glaubte Wullenwever es mit allen dreien aufnehmen
zu können. Er setzte seine Hoffnung vor allem auf eine Erhebung der demo—
kratischen Kräfte Dänemarks gegen das derzeitige Aristokratenregiment, und hatte
damit nicht ganz unrecht. Kopenhagen und Malmös waren sofort bereit unter dem
Doppelbanner des Evangeliums und der Demokratie sich mit ihm zu verbünden.
Um aber die Gesamtheit der dänischen Bürger und Bauern zu gewinnen, beschwor
man den Schatten des in Sonderburg gefangen sitzenden Exkönigs Christian.
Hatte einst Lübeck diesen aufs heftigste bekämpft — jetzt gab es die Parole aus,
ihm wieder die Herrschaft zu gewinnen. Und in der Tat ist es gelungen, mit dieser
Parole einen großen Teil des dänischen Volkes wider die Aristokratenherrschaft
in Aufruhr zu bringen.
Nachdem Lübeck mit einem der damals zahlreichen kriegerischen Unternehmer,
dem Grafen Christoffer von Oldenburg — auf ihn bezieht sich die
Bezeichnung „Grafenfehde““ — einen Vertrag über Lieferung von 32000 Lands—
knechten geschlossen hatte, begann es den Krieg, zunächst gegen Holstein.
Mareus Meyer, der Lübecker Hauptmann, nahm in einem Handstreich die Feste
Trittau; Graf Christoffer überschritt mit seiner für damalige Verhältnisse nicht
ganz kleinen Schar die Elbe und fiel in Holstein ein. Der Bischofssitz Eutin
wurde genommen, Kloster Reinbek verbrannt; Segeberg hielt unter einer Be—
lagerung stand. Dann ging der Graf über See nach Seeland; Kopenhagen
öffnete ihm die Tore (Juni 1534); in kurzer Zeit hatte er Schonen, Seeland,
Fühnen und die übrigen Inseln unterworfen und ließ sich im Namen Christians II.
huldigen. Mehrfach standen die Bauern gegen die Großgrundbesitzer auf und zer—
störten ihre Schlösser.
Herzog Christian, zunächst durch den Angriff völlig überrascht, setzte
sich dann kräftig zur Wehr. Sein getreuer holsteinischer Adel, von innigem Haß
gegen die lübischen Demokraten beseelt, trat mit Gut und Blut für ihn cin;
Johann Rantzau sammelte schnell ein wohlgeübtes Heer, brachte Eutin und Sege—
berg in seine Gewalt, nahm Travemünde und sperrte die Trave, den einzigen
Zugang Lübecks zur See; im Herbst erschien Christian selber vor den Toren der
Stadt und lies eine Brücke über die Trave schlagen, die Lübeck vergeblich zu zer—
stören versuchte. Es mußte in den F rieden zu Travemünde einwilligen,
durch welchen die Fehde zwischen Holstein und Lübeck beendet, dem Kriege in und
um Dänemark dagegen weiter freier Lauf gelassen wurde.
„RMittlerweile fanden sich Jütlands Prälaten und Ritter bereit, Christian die
Königskrone anzubieten (18. August 1834): ihre Bedenken wegen seines evan⸗
gelischen Vekenntnisses setzten sie zur Seite, um wenigstens ihren Vesitz zu schützen.
Rantzau brachte die aufständischen Bauern Jütlands zur Raison und setzte nach
Fühnen hinüber, wo er am Ochsenberge in der Nähe von Assens einen
glänzenden Sieg über Christophs Scharen erfocht. Peter Skram schlug unter
Bornholm die Lübeckische Flotte. Es kam dum Frieden in Hamburg