B. 1, 98. Vollendung der Reformation
gewesen sei. Daß der König sogar sehr bald der Anregung Bugenhagens gefolgt
ist, beweist die Einladung von Kirchherrn und Ratspersonen zu einer am 25. Fe—
bruar 38 auf Gottorf stattfindenden Synode, wo „des
Wortes Gottes und einer Kirchenordnung halber“, von Schulen, Küstereien usw.
zeredet und beschlossen werden sollte. Leider wissen wir von dem Verlauf der
Synode nichts, aber daß sie stattgefunden hat, leidet keinen Zweifel, und da die
Einladung an solche Orte erging, die (vermutlich) schon die Neuerung angenommen
hatten, darf man mit Fug vermuten, daß hier eine freiwilligeUn ter⸗
dellung unter die königliche Kirchenordnung beschlossen worden ist. Daß der
König tatsächlich die Ordinatio von vornherein als maßgebende Norm auch für
die Herzogtümer verwandt hat, ergibt sich nicht nur aus kleinen Einzelnachrichten,
ondern auch und vor allem aus den gleich zu erwähnenden Bestallungen der
evangelischen Superintendenten.
Die „Einführung“ der Ordinatio dürfen wir uns nicht so denken, daß eine
feierliche öffentliche Erklärung deswegen erging oder so, daß jeder Kirche ein Exem—
plar zugestellt wurde — dazu reichte die geringe Druckauflage nicht entfernt —,
sondern etwa so, daß an die Amtmänner, Staller usw. unter Uebersendung eines
Exemplars ein einfaches Mandat erging, sich in Kirchensachen künftig nach der
zeuen Ordnung zu richten.
Noch bedeutsamer fast als die „Einführung“ der Kirchenordnung ist die wahr—
scheinlich schon bald nach der Schleswiger Synode, 1538 oder 39 erfolgte Er—
nennungevangelischer Visitatoren'“). Diese Maßnahme darf
man als geradezu genial bezeichnen: durch sie wurden die bisherigen Aufsichts-
instanzen, Bischöfe und Domherren, obgleich sie nominell ihr Amt und praktisch
ihr Einkommen behielten, in ihrer kirchenregimentlichen Bedeutung einfach kalt—
Jestellt. Es war aber auch eine höchst notwendige Masinahme. Denn solange die
Gemeinden auf sich selbst gestellt blieben, konnte von einer wirklichen Durchführung
der Kirchenordnung natürlich keine Rede sein. Schon die Trägheit und Untüchtig—
keit der meisten Amtsträger“) verhinderten jede Verbesserung in Predigt und
dehre; die Gleichgültigkeit der Juraten, die „Gierichkeit' der baͤuerlichen Gehneinde—
glieder ließen das eingerissene Verschleudern des Kirchengutes immer schlimmer
werden. Hier konnte nur durch eine feste und mit'obri gkeitlicher
Bewalt ausgerüstete neue Aufsichtsin stanz geholfen werden.
Daß eine solche schon so bald geschaffen wurde, zeigt den ganzen Ernst, mit welchem
der König das Reformationswerk durchzuführen gesonnen war.
Als Visitatoren, oder, wie sie wohl gleich bezeichnet wurden, Superintendenten,
wurden im Herzogtum Schleswig ernannt: Ger hart Slewert
für die Aemter Tondern und Flensburg-Bredstedt, MNikolaus Johannis
für Alsen und Sundewitt, Reinhold Westér holt für das Amt Gottorf
und Her mann Tast für Husum und Eiderstedt — in den Aemtern Haders⸗
leben und Törning bestand ja schon eine evangelische Superintendentur; im Her⸗—
zogtum Holstein (allem Anschein nach) die Pastoren Rudol f von
2) Vgl. hierzu besonders V. Pauls in Schrr. 18, S. 105 ff.
*) Vgl. die a. a. O. S. 109 vom König bezeugte und als allgemein bekannt ausgesprochene
Tatsache, „Dath alle Kerkhern, vicarien, cappellanen und coster dusser todt ber geschicklichkeit
und erfarnheit nicht sin, dath se ehrem ampte dermaten, wo se woll scholden, genochsamlichen
borstaen konnen edder mogen'!.