B. 2, K. 1, 9 10. Kirchenregiment gemäß der KO
2. Die Ausführung der Bestimmungen. Bischof Tilemann (1542 - 51).
Betrachten wir die vorstehend wiedergegebenen Bestimmungen über die neue
„Klerisei“, so werden wir urteilen müssen, daß jedenfalls die für Schleswig ge⸗
gebenen eine gute und zukunftskräftige Grundlage für die weitere Entwickelung
der kirchlichen Verwaltung darstellen: die Domherren sollen zu nützlichen und
wichtigen kirchlichen Diensten (Schuldienst und Konsistorium) verwandt werden;
der Bischof hatte doch sehr wesentliche Rechte und Funktionen seines katholischen
Vorgängers behalten. Hätte dies Amt mit seiner sehr stattlichen Besoldung und
seiner relativ freien Stellung erhalten bleiben können — das Kirchenregiment
anseres Landes hätte eine andere und bessere Gestalt gewonnen. Aber das sollte
nicht sein. Unsere Kirche hat stärker denn manche andere das Joch des Staats—
regiments fühlen müssen.
Zunächst freilich gFewannen die Bestimmungen der KO
wirklich Gestalt.
Propst im Holsterlande wurde der aus Zwolle stammende Pastor Johannes
Anthonii. Seit 1539 in Krempe, wurde er 1542, also im Jahre des Er—
lasses der KO nach Itzehoe versetzt. Dort ist er bis zu seinem Tode (1557) Pastor
und Klosterprediger gewesen. Seine Versetzung nach Itzehoe und seine Ernennung
zum holsteinischen Propsten hängen sicher miteinander zusammen, entweder so, daß
die Aebtissin und ihr Bruder Johann Rantzau Itzehoe für den richtigen Sitz eines
so hohen Amtes hielten, und ihn deshalb dorthin dirigierten, oder daß er eben als
Itzehoer Pastor zum Propsten ausersetzen wurde. Daß er ein besonderer Liebling
dieser beiden Rantzaus gewesen ist, geht aus einem BuM 7, S. 78 ff. mitgeteilten
Briefe des Johannes Saxe hervor “). Wenn dieser erste und einzige „Propst in
Holstein“ wirklich der KO gemäß durch freie Wahl der Pastoren des Landes ins
Amt gekommen ist, wird das auch dem Einfluß des allmächtigen Ritters zuzu—
schreiben sein. Im übrigen wissen wir von Anthonii wenig.
Das Schleswiger Bischofsamt überkam, wie schon berichtet (S. 103), der Kopen.
hagener Professor TilemannvonHussen. Tilemann, der sich nach seiner
Vaterstadt (wahrscheinlich Oberhausen im Herzogtum Kleve) von Hussen nannte),
war um 1497 geboren. Um des Evangeliums willen verließ er sein Vaterland
und begab sich nach Hamburg. Hier scheint er König Christians Aufmerksamkeit
erregt zu haben und wurde von diesem veranlaßt sich in Wittenberg den Doktor—
titel zu erwerben. Mit Peter Palladius zusammen respondierte er am n. Juni
537 unter Luthers Vorsitz zum Licentiaten, und am 6. Juni wurden beide von
Justus Jonas zu Doktoren der Theologie kreiert. Wahrscheinlich mit Bugen—
hagen und Palladius zusammen reiste er nach Dänemark, jedenfalls hat er von
Michaelis 1537 ab als Lehrer der Theologie in Kopenhagen gewirkt. Er wurde
) Die Stelle lautet: „Dazu werdet ihr (Kieler) die Probstey auch nicht wiederum gegen
Kiel bringen, ehe der jetzige Probst zu Itzehde todt oder aus dem Lande weg ist. Denn bey
des Probstes Leben werden Herr Johann Rantzau und die Aebtissin die Probstey nicht wiederum
lassen von Itzehoe wegkommen“ Wie die Sielle beweist, daß Anthonii zur Zeit der Ab—
fassung des Briefes (. Jannar 44) bereits Propst war, so geht aus ihr auch hervor, daß
der 1542 verstorbene Rudolf von Mimwegen tatsächlich das Amt eines Propsten (Superinten⸗
denten) bekleidet hat. (Vgl. S. 95). Wenn, wie wir annehmen, mit Nimwegen zugleich
Johann Meier in Rendsburg Superintendent war, so muß dieser bei der Wahl Anthoniis
in Analogie mit den Schleswiger Superintendenten dies Amt verloren haben.
7) Daß er von Adel gewesen sei, ist nur ein falscher Schluß aus seinem Namen.