Die geisiliche Leitung
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scheinbar nur noch eine geistliche Brüderschaft, es ist mir aber mit Schubert
S. 257 ff. gar kein Zweifel, daß das Gebiet dieser Brüderschaft zusammenfiel mit
einem unteren geistlichen Aufsichtsbezirk der Hamburger Dompropstei, einer De—
kanei. Jedenfalls hatte man in den 14 im Münsterdorfer Kaland vereinigten
Pfarrherrn von vornherein das Substrat für ein auch in der neuen Kirchengestalt
notwendiges geistliches Gericht, ein Konsistorium. Tatsächlich ist denn auch
sofort nach der Landesteilung der als solcher schen 1540 aufgehobene Kaland durch
königliche Anordnung in ein Konsistorium verwandelt worden (1844). Daß hier
ein uraltes Sondergebiet kirchlicher Aufsicht vorlag, wird auch dadurch wahrschein—
lich, das der Münsterdorfer Propst auch über die adeligen, bzw. klösterlichen Kir
chen, die zum Münsterdorfer Kaland gehört hatten, das Visitationsrecht behielt.
Das deutete man später als „einseitiges königliches Episkopat“ aus, es hat aber offen⸗
bar darin seinen Ursprung, daß der Dekan des Kalands von alters her Visitator
der Kalandskirchen gewesen ist. Jedenfalls entstand hier die Besonderheit, daß,
während sonst der Propst der geistliche Gehilfe des Amtmanns war, der letztere
hier nur in den 9 königlichen Amtskirchen als Kovisitator wirkte, während in den
drei Stadtkirchen und den sieben Adelskirchen (später zehn) der Propst der alleinige
Visitator war und blieb: auch dadurch wurde offenbar die geistliche Stellung dieses
Propsten stark gehoben. Endlich ist noch daran zu erinnern, daß die Rantzaus
von Breitenburg von alters her praecipua membra des Kalandes gewesen
waren und schon durch ihre Nachbarschaft mit dem Münsterdorfer Propsten natür—
lich verbunden waren; erwägt man nun, daß die Rantzaus in großer Zahl zugleich
die königlichen Statthalter stellten, so ist zu ermessen, wie leicht es dem Propsten
war, auf dem Wege über den Statthalter in Kopenhagen Einfluß zu gewinnen.
Bei dieser besonderen Stellung des Münsterdorfer Propsten innerhalb des könig—
lichen Holsteins ist es verständlich, daß er auch bezüglich seiner Einnahmen
besonders gut gestellt wurde. König Christian belehnte denselben 1550 mit der
Vikarie des heiligen Kreuzes zu Borsfleth und den dazu gehörigen 12 Morgen
Landes — ein Landbesitz des Propsten als solchen, der wobl einzig in unserm Lande
dasteht.
Ferner ergab sich daraus für die königliche Regierung die Nötigung, diesen
Posten mit möglichst tüchtigen Leuten zu besetzen, bzw. das Itzehoer Kloster, dem
die Ernennung des Itzehoer Pastors zustand, dahin zu beeinflussen, daß es einen
fähigen Mann berief ).
Ein Mann von Bedeutung war jedenfalls der zweite Nachfolger des 1557 ver—
storbenen Anthonii, Johannes Vorstius (15604 1599)7).
Johannes Vorstius (Först) war um 1529 in Antwerpen geboren. Um seines
lutherischen Glaubens willen musite er sein Vaterland verlassen und wirkte seit
15581 als Prediger zu Norden in Ostfriesland, wurde aber wegen seines Kampfes
wider den von Johannes von Lasco gepflegten Kalvinismus, der dort die Ober—
hand gewonuen hatte, 1554 entlassen. Er fand freundliche Aufnahme bei Herzog
Johanned. A. und wurde von diesem zum Pastor in Hader sleben und trotz
seiner Jugend auch zum Propsten oder Superintendenten im Amte Tondern, später
) Münsterdorfer Pröpste sind allermeist die Itzebhoer Pastoren gewesen; doch ist später aus
drücklich königlicherseits erllaärt worden, das man an Itzehoe nicht gebunden sei; wie denn tat—
sächlich zeitweise Kremper und Glückstädter Pastoren das Amt verwaltet haben.
7) Ueber ihn vgal. Moller, Il, 983 f. Sillem „Briefsammlung des Joachim West—
phal II, 522 jf. Schröder in AsSStukGeIV, S. 190 sf. Rör dam in KSIi R1BSt.
S. 689 ff