Geistliche Leiter
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Er war der erste Eingeborene auf höherem Posten. Geboren als Sohn des
Pastors in Wilstrup Lorenz Boie, studierte er in Wittenberg und erwarb dort den
Magistertitel. König Christian übertrug die Gunst, die er als Herzog dem Vater
zugewandt hatte, auf den Sohn und verschaffte demselben eine Stellung an der
Kopenhagener Universität als Prolessor Paedagogicus. In der Residenz
lernte ihn der junge Herzog Johann kennen und lieben. So ward er nach dem
Tode des Vaters Pastor zu Wilstrup und zugleich Hofprediger und Veichtvater
des Herzogs ). Die Gunst seines Herrschers blieb ihm bis an sein Ende (18609)
erhalten, und ohne Frage war er während seiner Wirksamkeit der Primas unter
dessen Theologen, ohne jedoch, wie immer wieder betont werden muß (Rördam
S. 690) Titel und Recht eines Generalpropsten zu führen. Nach dem Tode des
Propsten von Tendern, Vincents Alberti (1552) ward er Visitator der
Landschaft Nordstrand und behielt diese Funktion bis zu seinem Tode. 1559 be—
gleitete er seinen Herrscher auf dem Zuge gegen Dithmarschen und war an der
Neuaufrichtung des dortigen Kirchenwesens beteiligt. Nach Johann Meigers Tod
hat er im Amte Rendsburg visitiert und die Neuordnung des dortigen Kirchen—
wesens vorbereitet GuM V, S. 299). Auch die Nordstrander KO ist wahrschein—
lich von ihm entworfen. Eine wertvolle Hinterlassenschaft von seiner Hand ist der
ausführliche Bericht über das Kirchenwesen in Stadt und Amt Hadersleben 7).
Mach Boies Tode bemühte sich Herzog Johann vergeblich, den ihm von Kolding-
hus her) bekannten Rostocker Professer LRucas Bacmeister zu gewinnen.
Auf dessen Empfehlung kam endlich 1571 der Schulmeister Mag. Hinrich
Dinggreve als Hofprediger und Propst nach Hadersleben, ein Mann, wie es
scheint, von geringerer geistiger Bedeutung “). Er blieb auch nach dem Tode des
Herzogs Propst über Hadersleben, ging aber 1587 als Superintendent nach Wis—
mar und starb 1007.
Sehen wir auf Herzog Johanns kirchliche Ratgeber zurück, so ist der von Chri—
stoffer Rantzau beklagte Mangel an „hochgelehrten“, bedeutenden Theologen in
seinen Landen nicht zu verkennen: kein einziger, der an den Gottorfer Paul von
Eitzen als Theologe heranreicht.
Was die Tondernsche Propstei betrifft, so scheint sie zunächst von
Ant. Kenser verwaltet zu sein. 1550 ward Vincents Alberti in Tondern zum
Propsten bestellt, starb aber schon 1852. Nach dessen Tode ward Tondern wieder
nebcnamtlich versehen (von Vorstius und Boie). Erst mit dem Tondernschen Pastor
Jörgen Petersen (Georgius Petri) erstand dem Amte ein eigener Propst
(1501-71581). Dabei ist es dann unter Gottorfscher Herrschaft geblieben.
Wegen des Törninglehn hat Herzog Johann mit grosier Energie stets
die Ansicht vertreten, dasi die kirchliche Beaufsichtigung desselben durch eine „aus
wärtige“ Behörde unpassend sei. König Friedrich dagegen hielt ebenso energisch
an der kirchlichen Unterordnung unter Ripen fest. Das sonst stets gute Verhältnis
zwischen den beiden Fürsten drohte sogar wegen dieses Streitpunktes öfter in die
*9) Als solcher erhielt er 30 Thaler ertra und Zeug zu einer Hofkleidung.
) Auszug aus denmselben KS IV, 205 -82.
Hier war 1559 —o1l Bacmeisier Hofrrediger der Königinmutter Dorothea gewesen.
) Ueber Dinggrevesvgl. Rördain S. 702 ss. Heiureich I S. 373. Moodtl, 210 -14,
Il, 106 ss. Die von Jensens Kirchl. Statistik l, 132 wiederholte Angabe Noodis II, 107,
daß Voies Nachfolger als Hoiprediger und Propst Jörgen Schröder gewesen fei, in
unzutreffend: Schröder ward 1572 Pastor von Hadersleben, ist aber erst nach Dinggreves Fort
gang Pröpsi geworden (1587 - 1607).