Niedergang Gottorfs
217
das dänische Heer eine entscheidende Niederlage. Dadurch wurde die Position
gegenüber Gottorf soweit geschwächt, daß man mit diesem, trotzdem man schon
ahnte, daß es in verräterischem Verhältnis zu Schweden stand, noch einmal Unter—
handlungen zu pflegen sich genötigt sah. Es kam zum sog. Hamburger Ver—
gleich (5. Jan. 1711) und seiner Ergänzung durch den sog. Rendsbur—
ger Erläuterungsrezeß (30. April 1712).
Bis dahin war unser Land von Kriegesnöten frei geblieben; nun sollte es noch
einmal wieder einen feindlichen Einfall erleben. Der König operierte im Verein
mit Russen und Sachsen glücklich in Schwedisch-Pommern und Mecklenburg, be—
mächtigte sich sodann der Herzogtümer Bremen und Verden, erlitt aber am
20. Dezember 1712, als er dem schwedischen General Graf Steenbock ent—
gegenrückte, bei Gadebusch eine Niederlage, „welche Holstein dem Feinde
blosistellte, in ihren Folgen jedoch von großem Vorteile für das königliche Haus
wurde“ ).
Der König wich nach dem Morden zurück, und unklugerweise folgte ihm, hinter
sich in vorsichtiger Entfernung die Russen und Sachsen, Steenbock. Am 1. Januar
1713 drang er über Lübecker Gebiet in Holstein ein, am . Januar ging Altona
in Flammen auf, das schwedische Heer rückte über die holsteinischen Elbmarschen
nach Eiderstedit. Als nun Russen (unter Peters eigenem Kommando) und
Sachsen von Süden und die Dänen von Norden anrückten, saß Steenbock auf
dieser Halbinsel wie in einer Mausefalle. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als
sich in den Schutz der Gottorfischen Festung Tönning zu begeben (Febr. 1713).
Ein Versuch, über See zu entkommen, mißglückte, am 16. Mai mußte er kapi—
tulieren (Verhandlung zu Oldenswort) und sich mit seiner ganzen Armee, noch
11 000 Mann, gefangen geben. Die Verbündeten zogen wieder ab; der König
belagerte Tönning; am 7. Februar 1714 mußte der herzogliche Kommandant
Zacharias Wolf kapitulieren“), die Festung wurde geschleift.
Das waren entscheidende Erfolge. Die Steenbocksche Armee war der letzte
Rest der schwedischen Kampfmacht gewesen, der König aber hatte nun die Freiheit
rnergisch gegen Gottorf vorzugehen.
Schon durch Patent vom 13. März 1713 nahm er das ganze
Gottorfsche Gebiet samt dem Bistum Lübeck vorläufig in Besitz; der Administrator
floh nach Hamburg. Bei der Einnahme von Tönning glückte es, urkundliche Be—
weise für die geheimen verräterischen Verhandlungen Gottorfs mit Schweden
zu finden — die Uebergabe Tönnings an sie war eine längst vorher abgemachte
Sache — und mit diesen Doknmenten in der Hand konnte der König es vor aller
Welt als rechtmäsiig dartun, wenn er nun den 16089 zu Schande gemachten Plan
wieder ausführte, dn Gottorfschen Anteil von Schleswigmit
dem königlichen zu vereinen. Auch das geschah offiziell zunächst nur
vorläufig, aber doch mit der dentlichen Hoffnung und Absicht, es diesmal endgültig
zu machen: das Kirchengebet für die Landesherrschaft wurde abgeändert, der Be—
amtenkörper gleichgeschaltet, ja sogar in Schleswig ein eigenes Obergericht errichtet
und das Glückstädter auf Holstein beschränkt.
Der Krieg lebte wieder auf, als Karl XII. aus Bender entwichen war und
im November 1714 in der Festung Stralsund anlangte. Er war zu Ende, als
) Kobbe, SH Geschichte S. 60.
2) Bei dieser Gelegenheit wurde Wedderkop nach vierjähriger harter Gefangenschaft
frei; er ist, von Dänemark hoch geehrt, 1721 in Hamburg verstorben.