Pfarrstellenbesetzung
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Tochter heirathen solle, keineswegs erinnere, dies vielmehr in eines jeden freien
Willen stehe““ (Math. Saml. 1.).
Andererseits erklärte noch 1701 der König dem Rate der Stadt Wilster seinen
Wunsch, die Witwe des Pastors Piper „bei'm Dienste zu conserviren“, und die
Gemeinde erfüllte „unanimiter“ diesen Wunsch, indem sie Mag. Schleef, der
also wohl die Ehe mit der Witwe versprochen hatte, als Pastoren wählte“)
Angemessener als diese familiäre Succession war die Sitte, den Diakonus,
wenn er nicht völlig untüchtig oder ganz unbeliebt war, ins Pastorat aufrücken
zu lassen. Freilich konnte auch dieser Brauch zu Uebelständen führen, indem so
Leute, welche nicht dahingehörten, in höhere Stellen einrückten. Daher ist es durch
ein Königl. Reskript vom 5. Juni 1038 ausdrücklich getadelt worden, „daß, wie
sonderlich im Amte Segeberg Herkommens, der Schulmeister dem Capellan, der
Capellan aber notwendig dem abgehenden Pastori sueccediren muß“*
Ueberhaupt führte die Patronaten und Gemeinden eingeräumte Freiheit in der
Besetzung der Pfarrstellen nicht selten zu einer üblen Günstlingswirt.
sschaftt. Waren Gevatter Schneider und Handschuhmacher auf Wahl ihrer Ver—
wandten bedacht, so versorgten die adeligen Herren nur allzu gerne solche, die ihnen
als Hauslehrer gedient hatten oder bereit waren, eine ihrer „Mägde““ zu heiraten').
So war es doch nicht blost das Streben nach Ausdehnung ihrer fürstlichen
und episcopalen Gewalt, sondern vielfach auch wirkliche Sorge um der Kirche
Bestes, wenn die Herrscher öfter in das Besetzungsrecht der Patronate und Ge—
meinden eingriffen “).
Andererseits haben wir Beispiele davon, daß das absolute Fürstentum insofern
sich volksfreundlich betätigte, als es das allgemeine Wahlrecht des Kirchenvolkes
57) St. A. Abt. 11, Nr. 1730.
) Dieses Reskript weist deutlich wie ebenso das eben erwähnte an Pastor Breckling auf
GS Klotz zurück. Der Familiennepotismus ebenso wie die blosie Rücksicht auf gemeindliche
Stimmungen widersprach seinen auf gute kirchliche Ordnung und Hebung des geistigen Niveaus
des Pfarrerstandes gerichteten Bestrebungen: er wollte an besseren Stellen keine „Idioten“.
Wenn dänische Autoren in ihrer ungezügelten — Abneigung gegen Klotz als dessen Motiv die
Feindschaft gegen die altheimischen Pastorengeschlechter betrahten — so noch neuerdings
Franzvon Jessen in seinem übrigens sehr interessanten Büchlein „Aus der Geschichte
eines alten schleswigschen Geschlechts““ (deutsch von W. L. Andresen, Flensburg 1829) S. 15 ff.
30 — so ist das mindestens noch einmal gründlich nachzuprüfen.
) Vgl. oben S. 177. Im 10. Jahrhundert setzte das Kloster Itzehoe nach Heiligenstedten
einen Priester, welcher das Mädchen der Schwiegermutter des Herrn Verbitters geheiratet
hatte, nach Nortorf einen Pastor, der des Verbitters uneheliche Tochter, und einen Diakonus,
der desselben Herrn Haushälterin geehelicht hatte Bu M 7, 247).
) Sehr bemerkenswert ist der Bericht, welchen der trene Fabricius im Jabhre 16027
seinem Fürsten übeerr die Besetzung der Predigerstellen erstattete (Bun II,
535 - 37. Er beklagt die Uebelstände, welche die bisher vielen Gemeinden eingeräumte Frei—
heit der Berufung mit sich bringe, „dieweil die Gemeinden zu Zeiten auf Irrwegen gehen ...
zum Theil, das sse von der Berufenen Qualitäten nicht wie sich gebühret judiciren können, zum
Theil durch anderer Leute Commendation, wie auch Privataffecten verleitet werden“. Er
schlägt dann vor, bei Besetzung von Pastoraten in erster Linie an schon gediente Kaplane, sowie
an „Schuldiener, die in pulvere Scholastico eine Zeitlang tren gearbeitet“ zu denken, und
„eteris paribus den Einheimischen nicht vorbeizugehen““. Ferner müsse es dem Fürsten
freistehen, u. U. „eine gnugsame, tüchtige und qualificirte Person von J. F. G. Stipendiaten
(egl. oben S. 148) oder sonst andere, denen aus erheblichen Ursachen Zusage künftiger Be—
förderung möchte geschehen sein, den Gemeinden fürzuschlagen und bei ihnen zum Dienste
quädiglich zu promoviren“