Full text: 1517 - 1721 (2)

Pfarrwahlen 
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jedes in einer den Wählern entsprechenden Zahl Zettel mit dem Namen eines 
der Prediger enthält. Dem herantretenden Wähler werden die drei Zettel gereicht; 
zwei soll er, „damit solche nicht hernachmals, als Wahrzeichen, auf wem er ge— 
stimmet, wider ihm gebraucht werden können, vor aller Augen zerreißen, den 
Namen aber dessen, dem er sein Votum gibt, in das vierte Becken werfen“, aus 
dem dann die Zahl der Stimmen festgestellt wird. Falls einer nicht lesen kann, 
soll er dem Protokollführer „sein VWotum im Vertrauen eröffnen“ und dieser in 
der angegebenen Weise mit den Zetteln verfahren. Es wird in der Verfügung 
eigens gesagt, daß dies Verfahren auch „in einigen andern Gegenden in Usance“ sei. 
Wir sehen, wie ernst es dem Kirchenregiment darum zu tun war, das höchste 
und schönste Recht des „Zuhörers“ da, wo es bestand, zu schützen. 
Uebersehen wir das Ganze, so ergibt sich, daß — verglichen mit anderen Gegen⸗ 
den Deutschlands — in unserm Lande das Maß der kirchlichen Gemeinderechte 
gar nicht so gering war. Nur müssen wir — um das noch einmal zu betonen — 
uns hüten, in diesen Rechten eine durch die Reformation herbeigeführte Neuerung 
oder gar mit A. Michelsen die Auswirkung eines „protestantischen“ Prinzips zu 
sehen. Diese Rechte und Freiheiten waren Reste und Nachwirkungen mittelalter 
licher Gemeindefreiheit, durch welche der Gesamtcharakter der Kinche als obrig 
keitlich geleiteter Anstaltskirche nicht aufgehoben wird. Wenn später durch Pietis 
mus und Rationalismus die geistliche und geistige Freiheit der „Zuhörer!“ grösier 
geworden ist — die Gemeinderechte und -freiheiten sind im weiteren Verlauf der 
Geschichte zugunsten einer immer weiteren Bürokratisierung und staatlichen Gleich— 
macherei eher beschränkt als erweitert worden.
	        
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