Full text: 1517 - 1721 (2)

Kirchenlehre in der KO 
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dem Inbegriff des in der Kirche zu Lehrenden unter der Hand das Lehram t, 
also eine Definition der von den Lehrern (Predigern) zu treibenden Tätigkeit. 
Infolgedessen wird zur Lehre ein Stück gezogen, das genau genommen in ein 
anderes Kapitel gehört, nämlich in das der „Zeremonien“: die rechte Austeilung 
der Sakramente. So kommt es zu einer Definition der Lehre, welche, so warm 
sie uns berührt, doch nicht korrekt ist: die Lehre ist ein Amt unserer Seligkeit, 
durch welches die uns durch Christum erworbenen Wohltaten (benelicia) ver— 
kündiget (invulgantur) und an alle Gläubigen ausgeteilt werden (distribuun-— 
bur). Das letztere Prädikat kann sich doch nur auf die Sakramente beziehen — 
die Lehre (Verkündigung) als solche eignet die Wohltaten Christi den Hörern 
nicht an, sondern macht sie nur damit bekannt, bietet sie ihnen zur Annahme durch 
den Glauben dar. Die Beziehung aller drei Tätigkeiten des Lehramtes auf die 
„Busie“ macht einen etwas gekünstelten Eindruck. Nicht normgebend, sondern 
durch die weitere Lehrentwickelung früh überholt ist die Definition der „Busie“ 
als drittes Sakrament, welches die KO nach melanchthonischem Vorbilde S. 18 
darbietet). 
Achten wir nun, von solchen Unklarheiten absehend, auf das, was die KO von 
der Lehre im engeren Sinne, das heißt von der in Predigt und Katechismuslehre 
darzubietende Verkündigunng sagt, so wird vor allem in der stärksten Weise 
Einheit und Gleichheit der Lehre gefordert. Wie die Sakramente 
überall nach gleichem Ritus verwaltet werden sollen, so will und gebietet der 
Landesherr, daß der Katechismus (allerorten) den Leuten auf einerlei Weise vor— 
gehalten werde. Und zwar wird diese Einheitlichkeit der Lehre, was den Kate- 
chismusunterricht anbelangt, nicht auf den Inhalt beschränkt, sondern 
auf den Wor t laut ausgedehnt. Bei der Katechismuspredigt, die in Städten 
jeden Sonntag früh, auf dem Lande nach der Evangelienerklärung gehalten wer— 
den soll (KO S. 321ff.), darf der Prediger bei der „Ausdeutung“ des gerade 
vorliegenden Katechismusstückes sich zwar eigener oder aus einer guten Vorlage 
genommener Worte bedienen, zum Schlusi aber sollen sie immer auf eine kurze, 
cin für allemal feststehende „Deutung“ herauskommen, und zwar soll das die im 
kleinen Katechismus Luthers gegebene sein (S. 34). Von dieser darf man „nicht 
weichen oder abtreten“. So haben wir also in SHein Luthers Büchlein von 
vornherein das Normallehrbuch der Religion. Und ein besseres 
konnte unserem Volke wahrlich nicht gegeben werden. In ihm haben wir erstlich 
die wertvollsten Stücke der altkirchlichen Tradition (im sog. Tert) und zum andern 
den prächtigsten volkstümlichen Ausdruck des evangelischen Verständnisses der 
Tradition (in der sog. Auslequng). So ist Luthers Katechismus ein wundervolles 
Spmbol der lutherischen Lehre, die nicht etwas Neues bringen wollte, sondern nur 
ein neues, besseres Verständnis des uralten, der ganzen heiligen allgemeinen 
Kirche gemeinsamen Glaubensgutes. 
Für das andere Mittel der christlichen Lehre, die Predigt, wird natürlich 
nicht die beim Katechismusunterricht um des „groben Volkes“ willen geforderte 
Einheit und Stetigkeit im Wortlaut vorgeschrieben, wohl aber inhaltlich die Ein— 
heit und Gleichheit aufs ernstlichste geboten: „die ganze, unversehrte (integra), 
vollkommene Lehre des heiligen Evangelii soll bei allen Untertanen und an allen 
Orten rein und einträchtig sein“ (KoO S. 15). Als Hauptstück dieser einträchtigen 
Lehre wird der Artikel von unserer Rechtfertigung hervorgehoben und dann eine 
) Ueber das ursprüngliche Schwanken inbetreff der Zabl der Sakramente und die Ab— 
weichungen Melanchthons von Luther in diesem Stücke vergl. Mi. S. 119 f. und 148ff.
	        
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