Full text: 1517 - 1721 (2)

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B. 2, K. 1, 9 20 
Anzahl besonderer Stücke genannt, welche die Prediger in ihren Sermonen vor 
andern behandeln sollen (S. 15 f.). Es sind größtenteils Themen des praktischen 
Christentums, doch auch einige, die zur Auseinandersetzung mit dem Papismus 
nötig schienen (von Menschenlehren, von den Heiligen, vom Fasten, von Bildern) 
und auch solche, die nach unserm heutigen Verständnis schon mehr in die Theologie 
hineingehören (vom freien Willen, von der christlichen Freiheit, von der Prae— 
destination). Doch wird von den letzten ausdrücklich vorgeschrieben, daß man von 
ihnen sehr vorsichtig und nur, wenn es unbedingt notwendig scheine, reden solle 
S.17). Auch einer allzu üppigen Polemik gegen den Papismus wird ein Riegel 
vorgeschoben, indem gesagt wird (S. 31), daß man nicht auf die Papisten 
„schelten“ solle, es sei denn, daß das gerade behandelte Thema es unbedingt fordere 
Ddie Ord. verbietet klarer den gehässigen Angriff auf die Papisten; nec odiose 
in papisstas . .. invehatur, S. 18). Die in der Predigt zu treibende Lehre 
wird auch dahin geordnet, daß an bestimmten Feiertagen bestimmte Themen zu 
behandeln sind, so am Tage Johannes Evangelist von Stand und Beruf, Esto- 
mihi vom Taufsakrament, Quasimodogeniti von den „Schlüsseln“, Grün— 
donnerstag vom Abendmahl, Johannes Baptist gegen die Wiedertäufer, Aller 
heiligen von den Heiligen, Michaelis von den Engeln. 
Sehr schön wird in der KOsdie praktische Abzweckungder,Lehre“ 
hervorgehoben. Nicht nur in der Definition der Lehre (S. 14) als einem Amt 
unserer Seligkeit, sondern auch in dem Artikel von der Predigt (S. 50): die 
Predigt des Evangeliums ist der rechte, wahre Dienst des heiligen Geistes und 
unserer Seligkeit; mit ihrer Verkündigung sind die Prediger die Vertreter des 
Herrn Christus; darum sollen sie Gottes Wort nicht leichtfertig, sondern mit gro— 
Kem Ernste, als im Angesichte Gottes durch Jesum predigen und es nicht durch 
Zutun oder Abnehmen (Ord. adjectione aut detrectatione) „schänden“ 
(Ord. besser: vitient, verletzen). Ein Hinzutun zum Worte Gottes, etwa der 
Lehre vom Papsttum ist ebenso wie ein Abnehmen (uUnterschlagen), etwa der 
Lehre vom rechtfertigenden Glauben seelengefährlich. vu 
Gerade bei dem entscheidenden Werte, welche die KO der rechten reinen Lehre 
beilegt, erscheint es als ein Mangel, daß sie keinen Präüfsteiin der reinen 
Lehre angibt außer etwa dem kleinen Katechismus, der doch als volkstümlich 
verkürzte und vereinfachte Darstellung der christlichen Religion keine genügende 
regula fidei (Glaubensnorm) abgibt. Dieser scheinbare Mangel bedeutet doch 
nicht, daß die KO die Lehre frei stellen oder die Entscheidung über die Richtigkeit 
und Unrichtigkeit einer Lehre dem subjektven Ermessen des Predigers überlassen 
wollte — das sind Ideen eines modernen Subjectivismus, die den Vätern der KO 
ebenso wie Luther selber völlig fern gelegen haben. Es bedeutet lediglich, daß 
man zur Zeit der Abfassung der KO noch keine antoritative symbolische Dar— 
stelling des lutherischen Glaubens, keine lutherische „Bekenntnisschrift“ hatte. 
Die Augsburgische Konfession war zwar schon da, war aber noch nicht als all— 
gemeine, unverbrüchliche Lehrnorm für die lutherischen Kirchen anerkannt. Als 
anerkannte Symbole hatte man bis dahin nur die altkirchlichen, das (sog.) apo— 
stolische, das (sog.) Nicänische und das (sog.) athanasianische Glaubensbekenntnis. 
Diese standen, ohne daß sie genonnt werden, sür die Väter der KO ohne weiteres 
fest: wer anders lehrte denn sie — wie etwa die Anabaptisten und die „Sakra— 
mentarier“ — war im Sinne der KO ein Ketzer. Aber diese altkirchlichen Sym⸗ 
bole bestimmten doch nur den Glaubensgehalt, den die neue Kirchengemeinschaft 
mit der ganzen Kirche auf Erden gemeinsam hatte. Für das neue evangelische
	        
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