Full text: 1517 - 1721 (2)

Staatliche Organisation des Landes 
auch eine genügende Kenntnis der staatlichen Organisation, welche sie 
in unserm Lande vorfand, unerläßlich. Auch hier kann ich nur in kurzen Strichen 
ejschnen. 
— uns am ersten ins Auge fällt, ist auch auf diesem Gebiet die ungeheure 
Zorissenheit und Unheitlichkeit des Landes. Auf dem Boden „Schseswig-Hol— 
steins“ betätigten sich damals nicht weniger als 7 staatliche — 
1. Das Königreich Dänemark, allerdings nur in enklavischer 
Form. Die zu Dänemark bzw. Jütland gerechneten Teilstücke waren dieselben, 
die bis 1804 auf unserer Landkarte zu fehen gewesen sind, darunter auch die 
Bischofsstadt Ripen mit ihrer Umgebung, die erst durch die Veränderung der 
Nordgrenze im Wiener Frieden ihren enklavischen Charakter verloren hat. 
2. Die Bauernrepublik Dithmarschen, damals noch, unter einer losen 
Oberherrschaft des Bremer Erzbischofs stehend, fast völlig selbständig. 
3. Der Stadtstaat Hamburg mit mancherlei Enklaven in „Holstein“. 
Hamburg war damals noch keine freie Reichsstadt, sondern nominell eine zur 
„Grafschaft Holstein“ gehörende Stadt. Tatsächlich aber hatte sich die zu mäch— 
tiger Blüte emporentwickelte Hansestadt von der „holsteinischen“ Oberherrschaft 
fast frei gemacht und betätigte sich in ihrer inneren wie ihrer äußeren Politik als 
ein durchaus selbständiges Staatswesen. 
4. Die dem heutigen Kreise fast genau entsprechende „Herrschaft“ oder „Graf⸗ 
schaft“ Pinneberg. Sie war ein letzter Rest der einstigen Schauenburgischen 
Herrschaft über Holstein und wurde als ein weit entfernter „Landesteil“ von den 
zu Stadthagen in Schaumburg-Lippe residierenden Grafen von Schauenburg durch 
den auf dem 1720 abgebrochenen befestigten Schlosse Pinneberg waltenden 
„Drosten“ verwaltet. 
4. Die Hansestadt Lübeeck, als freie Reichsstadt aus „Holstein“ schon lange 
herausgehoben. 
5. Das bischöflich-lübeckische Territorium um Eut inn herum. Zwar gehörte 
dies zur Reformationszeit noch zu „Holstein“ und hatte Sitz und Stimme auf 
den Holsteinischen Landtagen. Aber in Wirklichkeit betätigte es sich schon als 
selbständiges Staatsgebiet. 
6. Das von einem askanischen Fürstengeschlechte regierte kleine Her zogtum 
Lauenburg hatte damals mit Schleswig-Holstein noch keinerlei politische 
Verbindung. 
7. u noch übrige Gebiet, und damit der Hauptteil des Landes bestand aus 
jenem'merkwürdigen staatlichen Gebilde, das man als „die Fürstentümer 
Schleswig und Holstein“ bezeichnete. 1460 als eine von Reichsdäne— 
mark völlig getrennte Pertinenz dem in Dänemark regierenden Oldenburgischen 
Fürstenhause übergeben, um „tosamen to blievende up ewich ungedeelt“ bildeten 
die Fürstentümer auf der einen Seite eine reale staatliche Einheit. Gemeinsam 
war ihnen J. der sog. Landrat'), 2. der „Landtag“, auf dem jedoch nur 
— waren, 3. die 
durch ihre Privilegien zusammengehaltene Rittersschaft und 4. vor allem der 
Herrscher, bzw. das Herrscherhaus. Auf der anderen Seite waren (bis 
1864!) die Fürstentümer staatsrechtlich scharf von einander geschieden, insofern 
10) Er bestand aus den Bischöfen von Schleswig und Lübeck und je fünf adeligen Herrn 
(.Landräten““) aus jedem Herzogtum und war eine Art von Regierungskommission ähnlich dem 
dänischen „Reichsrat“, doch ohne dessen weitgehende Befugnisse—
	        
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