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5. Privater Kampf Eitzens gegen die Konkordienformel, 18577 - 79.
Bei den Beratungen der Fürsten über das Bergische Buch ist Paul von Eitzen,
wie es scheint, in keiner Weise hinzugezogen worden; auch einen Konvent seiner
„vornehmen Theologen hat Herzog Adolf nicht wieder veranstaltet, wahrscheinlich
aus der Erwägung heraus, daß sein getreuer Superintendent in diesem Stücke
doch nicht zu bekehren sei und neue offizielle Erklärungen desselben ihm nur diplo—
matische Schwierigkeiten bereiten würden. Mur den kleineren Teil der neuen
Sendung, das sog. Epitome scheint er semem Superintendent zu privater Orien—
tierung in die Hand gegeben zu haben.
Die Unmöglichkeit, ex calhedra gegen das Bergische Buch Stellung nehmen
zu können, hat auf dem Gemüt des GS offenbar schwer gelastet. Dadurch, dasi
man in der neuen Schrift noch stärker als im Torgischen Bedenken alles Me—
lanchthonische ausgemerzt hatte, war sein so tren an dem geliebten Lehrer hängen—
des Herz aufs tiefste gekränkt und sein Kampfesmut neu gestärkt worden. Offigziell
zum Schweigen genötigt, arbeitete er sich innerlich immer tiefer in die Erbitterung
gegen Andreae und seine Mithelfer hinein. Durch einen Zufall — soll man ihn
glücklich oder unglücklich nennen? — wurde er in die Lage versetzt, sich dennoch
gehörig über die verhaßte Schrift aussprechen zu können, zwar privatim nur, aber
eben deswegen um so freier und kräftiger. Es ward ihm nämlich die
Ehrezuteil, vom Schwager seines Fürsten zum theolo—
gischen Sachberater erwählt zu werden.
vLandgraf Wilhelm IV. von Hessen, der, solange eine Vermittelung
mit den Philippisten gesucht wurde, das Konkordienwerk lebhaft gefördert hatte,
war, nachdem die Vestrebungen der Konkordisten immer schärfer und deutlicher
auf völligen Ausschluß Melanchthonischer Theologie gegangen waren, zum erklärten
Feind des Konkordienwerkes geworden. Sein, wie es scheiut, nicht sonderlich be—
deutender theologischer Berater, der Kasseler Superintendent Bartholo—
mäus Meier, wies seinen Fursten auf den Schleswiger Superintendenten hin,
den er bei Gelegenheit des Zerbster Konvents (1570) kennen gelernt hatte. So
kam es zu einer zwei Jahre hindurch währenden Korrespondenz zwischen Eitzen
einer- und dem Landgrafen, bzw. dem Superintendenten Meier andererseits. Sie
ist höchst interessant und wertvoll, insofern sie uns tiefe Einblicke in die theo—
logischen Gedankengänge des frommen hessischen Fürsten gewährt und uns zeigt,
wie in jenen entscheidenden Jahren hinter den Kulissen für und gegen die Kon—
kordiensormel gearbeitet wurde. Auch Eitzens Theologie wird uns hier völlig klar.
Es zeigt sich schließslich, das er doch anders und tiefer im Luthertum verankert war
als die echtphilippistischen Hessen. Der Raum verbietet uns, näher auf diese Kor—
respondenz einzugehen “). Ich hebe deshalb hier nur eine Episode heraus, die uns
zeigt, wie Eitzen durch seine „Freimütigkeit“ in eine höch st
peinliche Situationgeriet.
Der Landgraf plante für Anfang März 1579 eine Zusammenkunft der dissen
tierenden Stände (Hessen, Anhalt und Nürnberg) in Kassel, um hier den Wider—
stand gegen die Publikation des Bergischen Buches zu organisieren. Zu dieser
Versammlung wünschte er auch die Mitwirkung Eitzens. Er ließ ihn durch Meier
einladen und richtete an die Herzöge Adolf und Johann'd. A. das Ersuchen, „ihren
Superintendenten““ zu einer Besprechung „allerhand wichtiger Sachen unsere
wahre christliche Religion betreffend“ nach Kassel zu beurlauben. Er schickte gleich—
Ich verwoeise Auf meue ausfuührliche Wiedergabe in Konmt. E. 175 00