Full text: 1517 - 1721 (2)

Schwärmertum und Orthodorie 
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Egardus mit dem vom Husumer Pastor erbetenen brieflichen Gutachten (bei 
Krafft S. 488 — 92). Tetings und Lohmanns Anschauungen kommen klar und 
deutlich in ihrem „Wahrhafftigen Bericht“ (Krafft S. 475- 488) zum Aus— 
druck. Interessant ist, daß die Verfasser hier ihre Sonderlehren mit dem recht 
verstandenen Luther zu stützen suchen. 
Der Hauptstreitpunkt war die Christolhogise. Darum beginnt der „Wahr⸗ 
hafftige Bericht“ mit diesem Punkt und bekennt „daß Christi Fleisch nicht aus 
Fleisch, sondern allein vom heiligen Geiste, von dem geistlichen Samen Mariae, 
aämlich dem lebendigen Worte Gottes (dem Logos), welchen sie durch den Glauben 
empfangen und derhalben ihr zugerechnet und ihr Same genannt wird, seinen 
Ursprung habe“. Die Verfasser ziehen hier Luthers Schrift wider die Sakra— 
mentierer von 1827 („Daß diese Worte Christ ... noch fest stehen“) mit ihren 
auffallenden Reden von dem geistlichen, göttlichen Fleische Christi heran und ver— 
bauen sich wider die Einrede, daß Luther anderswo anders gelehrt habe, damit 
daß sie sagen: er sei ja auch nicht der Meister, sondern allein Gottes Wort!“9. 
Dame in seiner „Retorsion“ widerlegt diesen Valentinischen, Marcionitischen 
und Eutychetischen Irrtum zunächst mit den Aussagen der Väter (Irenäus, Ter— 
tullian, Epiphanius), führt ihn auf Schwenkfeld und Weigel zurück, setzt dein von 
T. und L. angezogenen locus Lutheri zwei andere entgegen und beweist endlich 
mit kurzer aber treffender eigener Ausführung als schriftmäßig die Lehre, daß 
Christus unser menschlich Fleisch und Blut, nur ohne Sünde angenommen habe. 
Die Ausführungen, welche Teting im Prodromus apologeticus dem entgegen— 
setzt, sind künstlich ziind wenig überzeugend. 
Egardus sagt, durch die vorgebrachte Christologie werde der ganze Grund 
unserer Seligkeit und das Fundament alles Trostes umgestossen: „Wie können 
wir leben und Trost haben, so Gottes Sohn nicht ist unser Fleisch und Bruder — 
was kann für ein Mittel und Weg sein zur Versöhnung und Vereinigung mit 
Gott? Unser Fall hat ja nicht koͤnnen gebüßet werden ohne allein durch eine 
Person, die Gott und Mensch zugleich, dabei wir müssen bleiben.“ Die Empfäng— 
nis Christi aus dem heiligen Geist bedeutete nur das Wunder einer Empfängnis 
ohne Mann und „ist nicht aus dem Wesenund Natur des heiligen Geistes, 
sondern aus seiner heiligen und allmächtigen Wirkung'““. Luthers Worte recht. 
fertigt Egardus so: „Obwohl Christi Fleisch kein ander Fleisch nach dem Wesen 
denn unser, so ist's doch ein ander nach der hohen Conditionund Gnad e, 
daß es nicht ist wie unser Fleisch, unrein, sündlich und irdisch, sondern rein, himm 
lisch, heilig.“ 
Dem anderen Hauptsatz der Schwenkfeldianer, daß Christus wesent⸗ 
lich mit Fleisch und Blut in seinen Gläubigen wohne, setzt Dame die richtige Er— 
klärung von Joh. 1, 14 entgegen (nicht — in, sondern — unter oder „manck“ 
uns) und bestreitet, das Joh. 17, 23 von einer „localischen“ Einwohnung mit 
Haut und Knochen die Rede sei. 
Die Reden der Schwärmer vom innerlichen Menschen, so führt 
Dame zum dritten aus, ist an sich biblisch. Aber es ist verkehrt, wenn sie an eine 
Substanz denken, die durch das geistliche Fleisch Christi in uns bereitet werde, 
n) Die wunderliche Schwenkfeld-Weigelsche Lehre von dem geistlichen, göttlichen Fleische 
Christi gründet sich auf mistverstandene Schriftstellen und erklärt sich aus der Hauptposition 
dieser Mystiker: Christuüs wohnt wesentlich, voll und ganz, mit seiner ganzen Person in seinen 
Gläubigen, also auch mit seinem Fleische. Dann aber kann sein Fleisch nicht gewöhnliches 
menschliches, irdisches Fleisch, sondern musi geistlicher, himmlischer Natur sein. 
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II.
	        
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