Der Fall Sinknecht
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132 f. zog er durch seine ernsten und lebendigen Predigten die tiefer gerichteten
Gemeindeglieder an sich und erweckte dadurch den Neid seiner Amtsbrüder. Im
Kaiserlichen Kriege 1027 mußtte er von Hadersleben flüchten und gelangte nach
BGöteborg, wo er vier Jahre lang als Prediger an der deutschen Gemeinde
wirkte. 1631 nach Hadersleben zurückgekehrt, fand er aufs neue die Gunst
seiner Gemeinde, aber auch die Mißgunst seiner Kollegen. Diese nahmen jetzt
seine „mystische“ Lehrweise genauer unter die Lupe, beschuldigten ihn der Seelen—
fängerei und begannen auf der Kanzel offen wider seine „Irrlehren“ Stellung
zu nehmen. Schließlich wurde Sinknecht 1035 vor das gesekmäßige Lehr- und
Disziplinargericht, das Haderslebener Konsistorium, zitiert. Der eigenwillige Mann
„comparierte“ einfach nicht. Schon durch diese Disziplinwidrigkeit war eine Weiter—
verfolgung der Sache gerechtfertigt. Der Propst erhob nun Anklage beim König
— ein regelrechtes Oberkonsistorium wie im Gottorfschen gab es ja im Königlichen
Anteil noch nicht. Der König befahl zur Behandlung des Falles den Zusammen-⸗
tritt eines „Synodus““) in Rendsburg und bestimmte zum Vorsitzenden der
Versammlung seinen Schwiegersohn und derzeitigen Statthalter Graf Christian
von Pentz (vergl. S. 173). Dieser forderte zunächst als Grundlage für die Ver—
handlung von dem Haderslebenschen Propsten Schröder ein Verzeichnis der „vor—
nehmsten Erzesse“ Sinknechts und sandte, als er ein solches erhalten hatte, das—
selbe an Hunnius zur Begutachtung — ein sehr bemerkenswerter Vorgang, insofern
wir aus ihm entnehmen können, einerseits wie notwendig auch für den königlichen
Anteil die Bestellung eines das pröpstliche Niveau überragenden geistlichen Ober—
leiters war, andererseits, welche Achtung gerade Hunnius als Sachverständiger in
Glaubensfragen weithin genosi.
Statt nun klug und mutig vor dem Rendsburger Forum seine Sache zu ver—
teidigen, beging Sinknecht die Torheit, schon vor seiner Reise nach Rendsburg
in einer Abschiedspredigt freiwillig seinem Amte zu entsagen und dann vor seinen
Richtern nur die Erklärung abzugeben, „daß er jeder Irrlehre fern geblieben sei
und sich deshalb einer Glaubensprüfung nach Vorschrift der 25 Artikel Frie—
drichs II.“) nicht stellen werde, aber seinem Amte entsage“ (Prahl S. 150). In
diesem Verfahren konnten die Richter selbstverständlich nur ein Eingeständnis seiner
Schuld erblicken, das Urteil lautete daher auf dauernde Entfernung vom geist—
lichen Amte.
In verspäteter Reue über sein unüberlegtes Verfahren schrieb dann Sinknecht
verschiedene Rechtfertigungsschriften und bemühte sich, von angesehenen Theologen
ein Zeugnis seiner „Unschuld“, bzw. seiner Lehrreinheit zu erlangen. Aber nur
der friedfertige und sanfte Propst Dame war bereit, ihm ein solches ohne Rückhalt
zu geben; sein Freund Sledanus fand in seinen Ausführungen „dunkle und un—
gebräuchliche Ausdrücke, die . .. dem Vorbild der heilsamen Worte nicht gemäßß
seien und mit neuem Unheil schwanger gingen“; Hunnius, der von den verdrehen—
den Wortkünsten der Schwarmgeister nur allzuviel erfahren hatte, blieb steif bei
) Es wird sich bei diesem „Synodus“ um eine Versammlung sämtlicher Königlicher Prövste
gehandelt haben. So hat es also auch schon vor Kletzens Begründung der Pröpstesynoden 1040
vergl. S. 180 f.) derartige Veraustaltungen gegeben. Die Neuerung bestand darin, dasi die
Pröpstespnoden seit 10460 zu einer regelmäfiigen Veranstaltung wurden, während sie bisher nur
jur Entscheidung in bestimmten Fällen (‚ad hoc') berufen worden waren, und dasi nun
der GjS den Vorsitz führte, während bisher in Ermangelung eines solchen ein dazu jedesmal
desonders deputierter Königlicher Beamter als Leiter fungiert hatte.
d) Auch hier haben wir einen Beweis dafür, dasti diese Hemmingsensche Bekenntnisschrift
(Sergl. S. 271 f.) auch im Königlichen Schleswig-Holstein als maßgebendes Spmbol galt.