Full text: 1517 - 1721 (2)

A. Bourignon in Sh 
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christlichen Obrigkeit erfüllt habe. Poiret berichtet sogar, das man, da man immer 
noch mit einer heimlichen Anwesenheit der Ketzerin rechnete, die Stadttore besetzt 
und niemand ohne ein polizeiliches Zeugnis hinausgelassen habe. 
Anders urteilte Antoinette. Höchst erregt durch das, was die verjagte Witwe 
erzählte, verfastte sie einen flammenden Protest gegen das Verfahren des Ma— 
gistrats: sie nannte es ein räuberisches und verglich es mit dem, was die Juden 
dem Herrn Christus angetan hätten'“). Als sie dieses Schriftstück am 17. Januar 
durch ihren Jünger J. C. Hasse in Flensburg „insinnuieren“ ließ, fand der Ma— 
gistrat es äußerst „injuriös““. Auch benahm sich der junge Mann sehr anmaßend 
und lehnte es ab, sich vom Rat untersuchen und vom Ministerium belehren zu 
sassen. Man legte ihm deshalb „Arrest“ auf, und zwar zunächst gegen Ehren— 
wort bei seinem Herbergswirt Peter Nissen. Da er aber nach etlichen Wochen 
zu entwischen versuchte, versicherte man sich seiner Person, indem man ihn in Eisen 
legte und ins Gefängnis steckte. 
Fünf Monate lang mußte der tapfere Bekenner im Loche sitzen. Denn der 
Rat hielt die ihm widerfahrene Beleidigung und die Ketzerei der Jungfrau für 
genügend erheblich, um die Sache dem König zu unterbreiten;, ein vom Ministerium 
ausgearbeitetes Verzeichnis von 70 in ihren Schriften festgestellten ketzerischen 
Irrtümern war dem Schriftstück beigefügt. Dem langsamen Geschäftsgang der 
Zeit entsprechend, hatte das Glückstädter Obergericht erst am 27. April seinen 
Entscheid fertig, und dieser ging dahin, daß Johann Conrad Hase als „Adhärent 
der gotteslästerlichen, verdammlichen, höchst strafbaren“ Lehre der Antoinette und 
als Mitschuldiger an den in der Beschwerdeschrift enthaltenen „groben Injurien“ 
vor das Stadtgericht gestellt werden solle. Auf sein Geständnis oder in Er— 
mangelung dessen in contumaciam solle man dahin urteilen, daß der Antoinette 
Bücher und Schriften in Gegenwart des Conrad Hasen öffentlich durch den 
Scharfrichter verbrannt und er selber des Landes verwiesen werde. 
Es dauerte wieder bis zum 29. Mai, daß der Rat sein gerichtliches Urteil 
fertig hatte. Es entsprach natürlich ganz der vom Obergericht gegebenen Weisung. 
Am 30. Mai 1674 erfolgte die „Erecntion“ des Urteils. Zunächst wurde 
Hase auf die Kämmerei gefordert und angewiesen „die Urfehde zu tun““. Da er 
sich dessen weigerte, mußte „in dessen Seele“ der Scharfrichter den Eid leisten. 
Dann wurde der Delinquent auf den Südermarkt geführt und musite eine dort 
in der Nähe des Galgens von Brettern aufgeschlagene Bühne besteigen. Viele 
hundert Menschen hatten sich zu dem auf 9RUhr morgens angekündigten Auto— 
dafé eingefunden. Feierlich wurden vom Henker Gottfried zwei Eremplare des 
„Gezeugnisses“ (die vier übrigen behielten die Pastoren) sowie die „Schmäheschrift“ 
angezündet und „flogen in die Luft“ “). 
Der tapfere Hase aber bekam auch nach dieser Erecution noch nicht seine 
Freiheit, da er sich weigerte, die für seine Verpflegung entstandenen Kosten zu 
bezahlen. Er wurde deshalb in die „Büttelei“ geführt und dort durch noch kräf— 
tigere Fesselung, Dunkelarrest und Speisung bei Wasser und Vrot solange ge— 
zwiebelt, bis er, bzw. „die Mutter“ das Verlangte bezahlt hatte. Als dies endlich 
am 12. Juni geschehen war, wurde er vom Henker vor das Rothe Tor geführt 
und feierlich ausgewiesen, nachdem er zuvor „seine zweene forderst Finger der 
rechten Hand auff des Scharffrichters blosees Schwert gelegt und geschworen, 
daß er bei Strafe des Staupenschlagens nimmermehr in diese Stadt und die 
) Zu lesen Tem. de la Verité II, 124ff. 
*) So drückt sich der offizielle Bericht aus
	        
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