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Friedrich Breckling stammt, wie er sich dessen mit einem gewissen Stolz bewußt
war, von Vaters- wie von Muttersseite aus altem edlem Pastorengeschlecht. Sein
Urgroßvater Hans Hansen war 1532 in Breklum geboren, wurde 1573
an seiner Heimatkirche, der Mutterkirche der Nordergoesharde, Pastor und gab
dem Geschlechte den alten Namen seines Geburtsorts. Ihm folgte dort 1621- 30
sein Sohn Johannes (Jens) Hansen Breckling II, und diesem wieder sein
Sohn J. Hansen Breckling III 1630- 37. Ein anderer Sohn von Breckling JI
war Jens (Johannes) Brecking, der VWater unseres Friedrich
(1580— 16072), ab 1023 Pastor in Handewitt. Alle diese Brecklings waren
nach Friedrichs Zeugnis nicht nur mit guter leiblicher Gesundheit und Kraft,
sondern auch mit Wahrheitsliebe und Freimut begabt, und eine tief innerliche
Frömmigkeit zog sie in den Bann Johann Arnds. Ein Freund Arnds war auch
der Vater seiner Mutter Agatha, Propst Fr. Dame in Flensburg (ogl.
S. 294). So hat also die Liebe zum „wahren Christentum“ schon blutsmäßig
in unserm „Zeugen der Wahrheit“ gelegen.
Im Pfarrhaus zu Handewitt, das sich eines bescheidenen Wohlstands erfreute,
haben Friedrich Breckling (geb. 1029) und seine Geschwister) eine
sonnige Jugend verlebt.
Mit 17 Jahren begann er das akademische Studium in Königsberg, das
damals vielfach aufgesucht wurde, weil es im grosien Kriege einen sicheren Zu—
fluchtsort bot. Aber weder Königsberg noch die weiterhin aufgesuchten Akademien,
Helmstedt (wo er Calixt als Verwandten begrüßen konnte), Wittenberg, Leipzig,
Jena, weder der Synkretismus noch die starre Orthodoxie gaben seiner Seele,
was sie suchte, und das rohe Studentenleben stieß ihn ab. Erst in Gießen, wohin
er 16052 übersiedelte, fand er Nahrung für die ihm innewohnende mystische Fröm—
migkeit, und zwar weniger bei den Theologen als bei dem medizinischen Professor
Tackius, der ihn tief in die fromme Theosophie und zu Jakob Böhme führte.
Die neue Erkenntnis begeisterte ihn zu einer Disputation De unione fidelium
et communione sanctorum, Bezeichnend ist sowohl, daß in der der
Disputation vorangehenden Rede die theologischen Professoren Weigelia—
nische Spuren fanden, als auch, daß der junge Mann, als man deshalb ge—
wisse Aenderungen im Texte verlangte, solche trotzig verweigerte und auch die
Disputation nicht mehr in Druck geben wollte'“). Nachdem er seinen Magister
Udviklings Historie, Kbhn. 1893, ein feinsinnig und lebendig geschriebenes Buch, das auch einer
zuten wissenschaftlichen Grundlage nicht ermangelt. Bis dahin waren wir auf Moller s vor
allem literarhistorisch bedeutsame Darstellung (1l, 67. III, 72 -80), auf einzelne Partien in
Armolds KukKetzerhistorie und seine eigenen Schriften angewiesen. Was J- M. IV, 18224
bietet, genügt wenig. Neuerdings hat Th. Wotschke an verschiedenen Stellen aus Breck⸗
lings recht reichlich erhaltenem brieflichen Verkehr mit seinen Zeitgenossen allerlei mitgeteilt,
so in den Monatsbeften für Rheinische Kgesch., 21. Ig. (1927) S. J ff., 114 ff. 353 ff. und
in unsern BuMeH, 460 ff.
) Sein älterer Bruder, Johann, war Pastor in Lindholm 1655 — 1705 (vgl. BuMe5,
400) ein anderer, Hinr iscch, studierte auch Theologie, liest sich aber später in Lindholm als
Bauer nieder. Von letzterem leben noch heute Machkommen in der alten friesischen Heimat und
sonst in unseru Lande. — Der Handewitter Pastor war ein nicht unbedeutender Mann,
batte 1618 in Wittenberg den Magistertitel erworben und hat sich auch literarisch betätigt
(Paradisus reseratus; das eröfnete Paradeis Gottes, Rostock 1041, eine Wiedergabe der
Arndschen Gedanken über die Vereinigung Gottes mit der Seele; serner Auslegung der 7 Buß—
psalmen Davids in o8 Predigten, 1649). Vgl. Moller l, 67f.
2) Er hat sie später (1602) zu Amsterdam in etwas veränderter Gestalt unter dem Titel
—B