Friedrich Breckling
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gemacht hatte (16053), verließ er Giesien und reiste in die Heimat, um dort die
Erlaubnis zu einer Verlobung mit einer Gießenschen Jungfrau zu holen. Indessen
der Vater, der eben solche Herrschernatur wie sein Sohn gewesen zu sein scheint,
verweigerte hartnäckig seine Zustimmung. Nach hartem Kampf zwischen Vater
und Sohn verließ dieser, doch, wie er sagt, in aller Freundschaft, wieder das Eltern—
haus und ging 1054 nach Hamburg, um sich hier in die heimliche Weisheit weiter
zu vertiefen. Aber durch Vermittelung eines frommen Apothekergehilfen erlebte
er seine Bekehrung, die ihn von den Wegen der Wissenschaft auf den des
Kreuzes Christi führte: mit der starken Willenskraft, die ihm eigen war, gab er
der Welt völlig Abschied, um hinfort in mystischer Vereinigung mit Christo nur
Gott zu leben. Von besonderer Bedeutung war, daß er in Hamburg auch Jo—
achim Bethkes „Antichristentum“ kennen lernte und dadurch einen tiefen
Einblick in das unchristliche Leben nicht nur der großen Welt, sondern auch der
Geistlichkeit gewann.
Von Hamburg ging er mit einem jüngeren Bruder nach Straßburg, wo er
Spener kennen lernte und vvon Dannhauer und Johann Seba—
stian Schmidt reiche Anregung empfing, und dann weiter über Speyer,
Worms, Frankfurt, Darmstadt und Mainz nach Amsterdam. Es war bedeu—
tungs- und — so darf man wohl sagen — verhängnisvoll für ihn, daß er hier
zwei erklärte Separatisten, Christian Hohburg Elias Praetorius) und
Ludw. Friedr. Gifftheil kennen und innig schätzen lernte“).
Nicht ganz nach dem Geschmack des Vaters verwandelt, kamen die Brüder
1656 in die Heimat zurück. Der Reformeifer, den Friedrich entwickelte, und
seine Prophezeiungen über das kommende Unglück gefielen nicht allgemein. Seine
Voraussage erfüllte sich jedoch nur allzu schnell. 1657 rückten die Schweden
ins Land; GS Klotz und einige der reicheren Flensburger Bürger flohen gen
Norden“). Das gab dem tatendurstigen jungen Mann Gelegenheit, als Gehilfe
seines Schwagers, des Diakonus an Si. Nikolai Olaus Möller, und
Stellvertreter Klotzens in Flensburg eine eifrige Tätigkeit zu entfalten, welche
ihm die Liebe der Bürgerschaft in hohem Masie gewann. Als Klotz 1058 zurück—
kehrte, hatte er — so stellt wenigstens Breckling es dar — keinen andern Dank
für den eifrigen Helfer als den, daß er ihn nach Rendsburg sandte und zum Feld—
prediger bestellte. Diese Stellung war nicht nach Brecklings Geschmack. Das
rohe Leben der Offiziere und der geworbenen Landsknechte war auch durch seine
gewaltigen Bußpredigten nicht zu bessern. Tief enttäuscht verließ er die Stellung
und ging nach Handewitt zurück. Auf Wunsch der Gemeinde wurde er zum Mit—
helfer seines Vaters ernannt. Klotz ordinierte ihn 1059, erteilte ihm in seiner
Rede hohes Lob und versprach ihm die Nachfolge im Amte des Waters.
Und nun begab sich der junge Eiferer auf einen doch recht bedenklichen Weg.
Statt einfältig und still nur seines Amtes zu warten, unternahm er es, als
Reformator der nach seiner Meinung völlig verderbten Kirche und insonder—
heit des geistlichen Standes aufzutreten. Tief aufgewühlt von den entsetzlichen
Leiden des Krieges, die er als Strafe Gottes über das entchristlichte Volk und
seine Herrscher, insonderheit aber als Folge der Sünden der Geistlichkeit ansah,
) Von letzterem lernte er schon die später auch von ihm geübte angeblich christliche Beurtei
lung der hohen Politik und das Schelten auf Europas Fürsten.
7) Wenn Br. später diese Flucht dem GS zum Vorwurf gemacht hat, so hat er vergessen,
daß sein Großvater, Propst Dame seinerzeit im Kaiserlichen Krieg „auf Königlichen Vefehl“
gleichfalls das Land verlassen hat.