Full text: 1517 - 1721 (2)

Friedrich Breckling 
347 
In Amsterdam fand der Flüchtige freundliche Hilfe und Unterstützung 
bei Amos Comenius, Louis de Geer und dem Pastor von Mönnickendam, Hermann 
Jungius, einem „Holsteiner““. Als der lutherische Pastor in Zwolle, Johann 
Jakob Fabricius, ein ebenso frommer wie gelehrter Mann, als Superintendent 
nach Sulzbach berufen worden war, wählte die Gemeinde trotz der Gegenbestre— 
bungen des lutherischen Konsistoriums in Amsterdam Breckling zu ihrem Seelsorger 
(Dez. 1060). Ein Jahr lang konnte er hier in Ruhe seinem Ideale eines evan— 
gelischen Predigers nachleben: er trieb strengste Kirchenzucht und katechisierte eifrig 
mit Kindern und jungen Leuten; seine Predigten fanden viel Beifall, mochte 
auch „sein brennender Eifer den ruhigen Holländern etwas auffallend sein““ (Mol—⸗ 
tesen S. 67). Aber der unruhige Kämpfergeist Brecklings konnte am einfachen 
Gemeindedienst auf die Dauer kein Genüge finden. Wie einst in seiner nord— 
schleswigschen Heimat meinte er auch in Holland als warnender Prophet und 
Helfer der Unterdrückten berufen zu sein. Diesmal war das Amsterdamer 
Konsistorium, die oberste Behörde für alle lutherischen Gemeinden in Hol— 
land der „Feind“, gegen den Breckling kämpfen zu müssen glaubte. Die Hinder— 
nisse, welche das Konsistorium der Bildung einer dänischen Freigemeinde in Amster— 
dam entgegensetzte?), gaben ihm Anlaß „zum besten und zum Schutze seiner 
dänischen Nation und aus Liebe zu seinem Vaterlande“ einzuschreiten. In einer 
Schrift Libertas et potestas Ecclesiae (16004) ging er auf das Amsterdamer 
Konsistorium ganz ähnlich wie einst auf das Flensburger los, bezichtete dessen Mit— 
glieder religiös wie moralisch aller möglichen Uebeltaten, stempelte sie als Tyrannen 
und Antichristen und erklärte in völlig independentistischer Weise jede menschliche 
Kirchenordnung für Unfug. Die Folge war auch hier ein unheilbarer Konflikt 
mit der ihm vorgesetzten kirchlichen Behörde. 
Ehe wir jedoch zur Auswirkung dieses Konfliktes kommen, müssen wir noch 
einer eigentümlichen Anstalt gedenken, welche Breckling in Zwolle gründete. Das 
war ein „Kloster“, wie er es nannte, eine Art Sanatorium für geistig erkrankte, 
besonders aber für religiös angefochtene Seelen. Die Berühmtesten unter denen, 
die hier bei ihm Hilfe suchten, waren Johann Georg Gichtel der 
später sein bitterster Feind wurde, und der ungarische Freiherr Justinian 
on Weltz, der Stifter der „Jesusliebenden Gesellschaft“ und erste evangel. 
Missionar; dieser wurde von Breckling als solcher ordiniert (1664). Das folgen— 
schwerste für Br. persönliches Leben wurde jedoch die Aufnahme eines geistig nicht 
normalen deutschen Mädchens in diese sonst nur aus jüngeren Männern bestehende 
Hausgemeinschaft. Aus ihr entstanden in der Gemeinde allerlei Gerüchte über 
unreine Geschichten, denen Br. kühn die Spitze bot, indem er das Mädchen — 
heiratete. Dieser Schritt führte vollends zum Bruch mit der Mehrzahl der 
Gemeindeglieder: die weltliche Obrigkeit griff ein, die Kirche wurde für Br. ge— 
sperrt und er aus seinem Amte entlassen (1608)). Damit hatte das Amster— 
damer Konsistorium endlich erreicht, was es wünschte. 
ausgepowerten Landsleuten. In diesem Sinne hat er noch 160602 eine „Unterihänige Suppli— 
cation an Ihro K. M. in Dennemarck, vor dero Arme Unterthanen“ gerichtet. 
21) Vgl. das Nähere bei Moltesen S. 60 ff. 
22) Daß Br. in dieser Affäre moralisch völlig intakt geblieben ist, behauptet Moltesen 
S. 85 ff. gewiß mit Recht. Die Ehe mit einer leiblich schwaͤchen und geistig anormalen Frau 
hat für ihn einerseits ein Kreuz gebildet, das er mit echter christlicher Geduld getragen hat. 
Auf der anderen Seite ist ihm seine Frau gerade durch ihre geistige Abnormität unendlich viel 
wert gewesen. Sie war nämlich eine Ekstatikerin: zu Zeiten sah sie himmlische Geister und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.