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B. 2, K. 2, 9 26
gen hinterlassen; aber auch der von ihm bekämpfte gewaltige Kirchenmann, St.
Klotz, in dessen Brust die beiden jetzt sich trennenden Tendenzen noch friedlich
miteinander verbunden gewesen waren, mag durch seine lebendigen, aufweckenden
Predigten den Boden für den Pietismus mit bereitet haben.
Jedenfalls finden wir um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert deutliche
Spuren davon, daß die Flensburger Bürgerschaft von der neuen religiösen Be—
wegung nicht unbeeinflußt geblieben war: pietistische Schriften wurden gelesen und
gekauft, Flensburger Bürgersöhne, welche sich dem geistlichen Berufe widmen
wollten, gingen mit Vorliebe zu A. H. Franke nach Halle. Auch in der Geist—
lichkeit fanden die pietistischen Tendenzen weithin Sympathie. Als (milde) Pie—
tisten dürfen wir ansprechen Franz Möller (an St. Marien, 1724 Propst,
1735) und dessen Bruder Johann Meöller, den Verfasser der Cimbria
literata (seit 1085 Lehrer, seit 1701 hochgeschätzter Rektor der Gelehrtenschule).
Bei beiden hat sicher das Bluterbe ernster Frömmigkeit von F. Dame und Johann
Breckling mitgewirkt (ygl. oben S. 294 und 182). Ferner JohannOcksen,
aus Kopenhagen stammend, 1684- 1707 Diak. an St. Marien, später Bischof
in Aarhus und Ribe, sowie Johannes Holst (1680 - 11707) an St. Ni
kolai. Auch der „Vicepropst“ und spätere GSE Andreas Hoyer (1085—-
1724 an St. Johannis) war mit Breckling verwandt und pietistischer Sympathien
verdächtig. Unter der vorangegangenen Predigergeneration kennen wir als pie
tistisch gerichtt Thomas Lundius, (16722 f16003)*). Auch Propst
Lysius (7 16094) hatte sich vor seinem Ende noch vom Trunk und eifriger Ketzer—
bekämpfung in seinen Predigten bekehrt und seine Söhne in Halle studieren
lassen “).
In der Propstei Flensburg finden wir einen Pietisten bester Art: das ist
Friedrich Petri (Petersen), lebenslänglicher Diakonus zu Viöl (f16005)“).
Er war ein inniger Verehrer und persönlicher Freund nicht nur des frommen Pro—
fessors Kortholt, sondern auch seines Vetters Fr. Breckling “). Des letzteren Vor—
gehen ahmte er insofern nach, als er 1082 an seine „Hardespriester“, d. h. die
Kollegen in der Nordergoesharde, an das Flensburger Konsistorium und seinen
GS von Stöcken ein Sendschreiben von den Mängeln der Lutherischen Kirche
richtete, in welchem er nachwies, daß Luther, Lassenius und Heinr. Müller noch
schärfer als Breckling die Schäden des lutherischen Kirchentums herausgestellt
hätten. Dafür mußte er gleich dem Vetter leiden: GS Schwartz erteilte ihm
nicht nur einen starken Verweis, sondern zog ihm auch noch 1001 wegen Pietismus
(und Chiliasmus?) vor die Rendsburger Pröpstesynode. Da er jedoch ein beschei—
dener Mann war und der Ueberheblichkeit und Unbelehrbarkeit Brecklings er—
mangelte, geschah ihm hier nichts, sondern, nachdem er „Besserung“ gelobt hatte,
durfte er wieder in sein stilles Diakonat zurückkehren. Nicht dieser Versuch einer
„Reformation“ der Kirche macht ihn uns liebenswert, sondern die Treue, der
Eifer und das Geschick, mit welchen er bei kärglichem Solde sein Hirtenamt ver—
waltete: durch Unterricht in der ihm als Diakonus befohlenen Kirchspielsschule,
durch fleißige Katechisationen mit Alten und Jungen, durch Verbreitung von
Bibeln und Testamenten, durch hingebende Seelsorge erhob er diese einfache
e) Er hat eine erbauliche Schrift hinterlassen: Das geistliche Königreich Christi. Plön
16091. Val. Bu Me9, 400 ff.
23) Vergl. Bu M 9, 475.
) Vergl. J-M IV, 172ff. Moller ], 486.
) Vergl. seinen Brief an diesen BuM 9, 474f.