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Gemeinde kaum etwas zu merken. In Apenrade regierte ein schroffer Anti—
pietist, der Propst Chr. Gottl. Koch (1713 — 360). Als pietistische Lichtpunkte in
Nordschleswig während der Frühzeit sind mir einzig die Kirchgemeinden Döstrup
und Reisby bekannt geworden, wo die Gebrüder Pedersen Wedel (seit
16085 bzw. 16091) ganz im Sinne Franckes (Bibelverbreitung, Katechisationen in
den Dörfern, Konventikel) eifrig wirkten *).
Bei einer Gesamtüberschau über die Entwickelung des Pietismus in
SH bis 1721 ergibt sich, daß er bis dahin doch nur eine kleine Minorität unter
den Geistlichen darstellt. Es wird eine richtige Beobachtung sein, wenn Günther
BumM9, 325) 1723 sagt: „Die Pietisten haben sich hie und da in Hol—
stein eingenistet“. Noch stand der Bau der altlutherischen Kirche im wesentlichen
unerschüttert da, und die Orthodorie war durchaus die herrschende Richtung. Aber
die Pietisten waren eine rührige Minorität, die Orthodoren empfanden sie
als „Neuerer“ und sich selber als zur Hütung alter und guter kirchlicher Werte
verpflichtet, um so mehr, als im Fürstlichen Anteil die Oberhirten selber der neuen
Richtung angehörten. So ist es kein Wunder, dasi verhältnismästig früh auch in
unserm Lande der theoslogische Kampf gegen den Pietismus
hbeginnt und zum Teil heftige Formen annimmt. Der Führer in diesem Kampfe
aber war der Mann, der sein Leben lang gegen alle „schädlichen Meuerungen“
gekämpft hatte, der Königl. GS Josua Schwartz.
5 27. GS Schwartz' Kampf gegen den Pietismus, 1091- 1709.
1. Beginu des Kampfes, 16001 97.
Nachdem der treue Hüter des Alten, Guten und Bewährten schon länger mit
Schmerz und Besorgnis das Eindringen des Pietismus in SH und auch in seine
Diözese beobachtet hatte, begann er im Jahre 1091 seinen amtlischen Kampf
gegen denselben, der daun weiterhin zu einem umfangreichen biterarischen
werden sollte.
Beim Nachdenken über geeignete Kampfmittel kam Schwartz auf das seit
Klotzens Tätigkeit eingeschlafene Institut der Pröpstespnoden. Unter dem
15. August 1091 erreichte er einen königlichen Befehl, durch welchen diese wieder
zum Leben erweckt wurden, und zwar mit dem ausdrücklichen Zweck, die „in der
Religion suspeeten Prediger oder Zuhörer“ vor sich zu fordern und nach Be—
tindung zu suspendieren oder zu removieren ).
Gleich in der ersten Versammlung der Synode (28. Oktober Yff.) wurden
Maßnahmen gegen den sich im Lande verbreitenden Chiliasmus, gegen die Ab—
haltung „besonderer Versammlungen“ und gegen die „Verachtung des ordentlichen
Ministeriums“ beschlossen. Insonderheit wollte man sich einen lehrreinen
theologischen Nachwuchs sichern. Zu dem Zweck sollten die vorhandenen
Theologiestudierenden, insonderheit „welche privatim Kinder informiren“, bei den
Visitationen von GSäoder Propst vorgefordert, „der obhandenen Irrthümer be—
*2) Vgl. den interessanten Brief an Francke 1722 Bu Me5, 14960 f. Die beiden Brüder
fühlen sich als Einsame: alle Kollegen predigen gegen sie als hallische Ketzer, die eine neue
Lehre einführen wollen.
1) Wgl. Schwartz, Chiliastische Vorspiele S. 428.