Schwartz gegen Sandhagen
bedeutend größere Bedeutung gewann, in der wir auch sachlich ihm das bessere
Recht zuerkennen müssen“).
Schon aus Caspar Hermann Sandhagens von A. H. Francke
empfohlenen, 1084 und wiederum 1088 zu Lüneburg erschienenen „Kurtzen Ein—
leitung die Geschichte unseres Herren Jesu Christi ... zu betrachten“ (vgl. oben
S. 214), aber auch aus ihm hinterbrachten mündlichen Aeußerungen desselben
hatte Schw. zu seinem großen Schmerze entnehmen müssen, daß dieser sein Kol—
lege in der obersten Kirchenaufsicht Schleswig-Holsteins das „Unkraut des Chi—
lhasmus“ aussäe. Vergeblich war Schwartzens Erinnerung an den „Für—
trefflichsten unter den Fürtrefflichen am Gottorfischen Hofe““ (Fr. Rantzau?), ver—
geblich auch die mehrfache persönliche Mahnung an den Gottorfschen Kollegen (vgl.
a. a. O. Vorrede). Auch die Vorhaltung eines Königlichen Edikts von 1094
(s. oben S. 357) half nichts: Sandhagen meinte, jenes richte sich nur gegen den
groben Chiliasmus, nicht aber den subtilen, wie er ihn vertrete. So waren alle
„gradus admonitionis“, die Schwartz gewissenhafter Weise bei dem Amts—
bruder zunächst angewandt hatte, vergeblich geblieben, und als er nun in den
Sandhagenschen usschreibungender Busttagstertevonl695
und 960 (das 7. Kapitel Michae) denselben Chiliasmus gelehrt fand, auch
die Synode von 1096 erklärt hatte, „es thue der Kirchen noth, daß solche
Schrifft öffentlich wiederleget werde““, brach er 1697 mit der ber. Schrift gegen
den Kollegen los.
Mit gutem Bedacht hat Vf. sie in einem längeren Vorwort der „gesambten
Hochpreißlichen S. H. Ritterschaft“ gewidmet; trat doch in der abwechselnd von
beiden GGSS. geübten Inspektion der „adeligen Kirchen“ die Gemeinsamkeit
ihres Amtes und der Widersinn verschieden geführter Lehre besonders stark hervor.
Im ersten Kapitel (S. 1—27) straft Vf. die willkürliche, auf Neuig—
keiten bedachte Schriftauslegung der Pietisten, wobei er äußert (S. 3): „Sie
sind steiff und halsstarrig, leiden keine Unterweisung und Vermahnung, härter
denn ein Ambos ist ihr Kopff. Ja, wenn sie fühlen, daß man sie straffen und
nicht loben will, so entbrennen sie und werden wütig wie der Teuffel, dessen neu—
lich einige Herrn Prediger im Pfarrhaus hienahe bey zu Hohn ein Exempel mit
Verwunderung gesehen und gehöret haben.“
Kap. IIbis XI (SGS. 72 138) wird dann durch eine eingehende Einzel-
eregese des ganzen Michakapitels der Nachweis versucht, daß die Auslegung
Sandhagens von kommender besserer Zeit für die Kirche durchaus falsch sei: der
ganze Tert sei buchstäblich von der Zeit des Profeten zu verstehen, geistlich aber
auf die Kirche Christi zu deuten: in dieser Beziehung aber stehe die Erfüllung
der Weissagung nicht mehr aus, sondern sei in der Geschichte der Kirche schon
geschehen. Die Hoffnung Sandhagens auf die kommende Bekehrung der Juden
und deren Rückführung in das gelobte Land sei ein von Luther verdammter Chi—
liasmus: die Juden seien und blieben ein verfluchtes Volk (S. 104). „Und
wenn Commentor mit der Chiliastischen Secte glaubet und lehret / der jüngste
Tag sey noch so bald nicht zu vermuthen /das Evangelium müsse noch erst in
aller Welt auffs neue geprediget /alle Juden und Heyden bekehret / und die Welt
von lauter Frommen regiret werden, so ruffen wir ihm / die wir des Herren Christi
) D. Josuae Schwartzens ... Gründliche Wiederlegung einer ...
durchgehende dem Chiliasmo dienenden Ausilegung des Siebenden Capitels Michae. Glückstadt
1697.