O. L. Strandiger, 1701 ff.
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getrieben habe, und wollte sich höchstens um des Friedens willen zu dem Zugeständ—
nis verstehen, dast dies und jenes in seinen Predigten ansstösing hätte wirken
können. Da die Mehrzahl seiner Amtsbrüder ihm damals noch durchaus freund—
lich gegenüberstand, kam es zu einer gütlichen Einigung, nachdem Strandiger sich
reversalisch verpflichtet hatte, sich künftig aller anstößigen Redensarten zu ent—
halten. Es wurde erklärt, daß im Flensburger Ministerium wieder Friede herrsche,
und am nächsten Sonntag auf allen Kanzeln der Stadt Gott dafür gedankt.
Aber der Friede war nicht nachhaltig. Es mag sein, das Strandiger, der den
Spruch des Konsistoriums als eine Erklärung seiner Unschuld auffaßte, sich nun
geringerer Vorsicht befleißigte — jedenfalls kam Braker im Jahre 1703 mit
einer neuen Denunziation heraus, die er diesmal nicht an das „unzuverlässige“
Konsistorium richtete, sondern an den GS als solchen, und Schwartz war nur
allzugern bereit, ihm hilfreiche Hand zu bieten. Es handelte sich jetzt neben
andern Anklagen (auf Empfehlung und Verbreitung „irriger“, d. h. pietistischer
Schriften, illegale Amtsführung usw.) vor allem um eine am Osterdienstag ge—
haltene Predigt, in der irrige Lehrsätze enthalten gewesen sein sollten““. Schwartz
erbat sich Gutachten von I). Maner, sowie der Wittenberger und der Kopenhagener
Fakultät. Da diese, wie es scheint, sämtlich die Frage, ob Denunciatus irrig
lehre, beiahten, glaubte Schwartz genügenden Grund unter den Füsien zu haben,
die sicher längst von ihm gewünschte Entfernung Strandigers aus seiner Flens—
burger Tätigkeit zu betreiben. Er zitierte denselben vor die Rendsburger
Pröpstespnode. Strandiger war jedoch nicht der Mann, der sich ohne
weiteres hinschlachten lies. Obgleich ein Kind des Lichtes, war er klug genug,
alle rechtlichen Kautelen in Anspruch zu nehmen. Er verlangte l. Angabe des
Denunzianten, 2. einen weniger parteiischen Richter als Schwartz, der ihn mit
unverdientem Hasi begegnet sei, 3. als sein ordentliches Forum das Flensburger
Konsistorium, und protestierte gegen die Citation vor die Synode. Er scheint auch
in Kopenhagen Einspruch erhoben zu haben; jedenfalls folgte er dem Rufe nach
Rendsburg nicht. Trotzdem brachte der GS seine Sache am 4. Juli vor die
Synode. Es folgten lange Merhandlungen, die nicht ohne weiteres Einstimmigkeit
der pröpstlichen Richter ergaben“). Aber schlieslich erreichte Schwartz einen Be—
schlussder Spnode, nach welchem Strandiger — vorbehaltlich Königlicher
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diert wurde, „bißer seinen Irrthümern zu renunciiren, ja auch verdächtiger Lehren
und Reden sich zu enthalten und davon zu abstrahiren genugsahme und gültige
Versicherung gegeben“. Begründet wurde der Veschluß damit, daß Cilatus
J. ohne kirchenregimentliche Bestellung seine Predigttätigkeit in Flensburg aus
geübt habe, 2. irrige und dahero anstößige Lehren und Redensarten im Sinne
des Osiandrismus und des Pietismus geführt habe. Dazu werden gerechnet:
*) Leider liegt mir die Denunziatien nicht vor. Ich kann deshalb über die verdächtigten
Lehrpunkte nicht genauer berichten. Es scheint sich vor allem um die mostische Einwohnung
Christi in den Glaubigen und die Hereinziehung der quten Werke in die Rechtfertigung ge—
handelt zu haben. Charakteristisch ist die in einen Briese Brakers an Schwartz enthaltene
Klage, daß Sir. zu Vürgern in die Haäufer gehe, um mit ihnen „erbauliche, ohne Zweifel
rietistishe Bücher zu lesen“, und Leute, die weit jünger als er, Bruder nenne, „wie er eine
Burgerfrau, die ihm nicht verwandt, soll Frau Schwester nennen“.
yn Im Protokoll der Synode (St. A.) nehmen sie neun enggeschriebene Folioseiten in
Anspruch.