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dem er durch Ablehnung der Kindertaufe sich selber von der Landeskirche separiert
hatte, nichts mehr zu machen.
Nachdem man von Dassov und der Kopenhagener theol. Facultät Gutachten
eingezogen hatte, erging unter dem 19. Febr. 17 10 () ein Königliches
Edikt!“), welches besagt:
Nachdem O. Lorentzen Strandiger bereits früher seiner irrigen, verführerischen
Lehrsätze halber suspendiert gewesen sei, habe er neuerdings allen Belehrungen zum
Trotz durch sein sog. „Vekenntnis“ seine fanatischen Ketzereien in Flensburg aus—
gebreitet. Da seine Lehrsätze dem Worte Gottes und der ungeänderten Augsb.
Konf. schnurstracks entgegen laufen, er auch selbst sich deutlich genug von der Evan—
gelischen Kirche abgesondert habe, und alle gütlichen Versuche, ihn auf den rechten
Weg zu leiten, vergeblich geblieben seien, werde er als ein Ketzer, Apostata
und mutwilliger Uebertreter beides Göttlicher und Königlicher Gesetze, aus der
Ev.-urth. Kirche und Gemeinde nunmehro gänzlich aus
gesto ssen und aus J. M. sämtlichen Ländernaufewigver—
wiesen. Im Falle er sich an einem oder anderm Orte dieser Gebiete wieder ein—
finden sollte, soll er in leibliche Verhafft gezogen und ihm zur wohlverdienten
Strafe, andern dergleichen Verführern zum Erempel auf den Kopenhagener sog.
Bremerholm (das dortige Zuchthaus) auf seine Lebenszeit gebracht werden. Seine
Schriften sollen konfisziert und ihr Werkauf verboten werden.
Das war ein hartes Urteil. Es erinnert ganz an mittelalterliche Ketzergerichte
und bezeugt, wie ernst man es in Königl. dänischen Landen damals noch mit der
Einheit des Landes in der „rechten Lehre““ nahm.
Strandiger musite nun wie einst Breckling sein „geliebtes Vaterland“ ver—
lassen. Er ging „in die Gegend von Hamburg“ und fand Unterstützung bei den
dortigen Mennoniten, insonderheit dem berühmten mennonitischen Prediger Jakob
Denner.
Immerhin waren die Ansichten der grossen Welt damals doch schon soweit ver—
ändert, daß das harte Ketzergericht, das über einen moralisch tadellosen Mann
gefällt worden war, als rückständig und unpassend empfunden werden konnte. Des—
halb fühlte man in Kopenhagen das Bedürfnis, das Urteil öffentlich zu recht—
fertigen. „Auf Befehl des Königs“ wurde die Kopenhagener theologische Fakultät
und von dieser wieder Professzr Joh. Trellund?“) beauftragt, die anstösiige
Schrift Strandigers, „das Bekänntniiß“, zu widerlegen.
Trellund tat dies in einer 1716 zu Kopenhagen erschienenen (deutschen!) Schrift:
„Schriftmäßige Wiederlegung des Bekänntnisses Herrn O. L.
Strandigers usw.“ In ihr sucht er den nicht ganz leichten Schriftbeweis zu
führen: 1. für das Recht und die Notwendigkeit der Kindertaufe, 2. dafür, dasi
der Gottesdienst und die Verkündigung des Wortes Gottes in Wert und Wirkung
von der moralischen Beschaffenheit des Predigers unabhängig sei.
Strandiger erwiderte diese Veröffentlichung mit einer umfangreichen (fast
600 Oktavseiten umfassenden) 1717 ohne Angabe des Ortes erschienenen Schrift:
„Die heilsahme Wahrheit usw.“ Einerseits gibt er hier in einer etwas
verwirrten Weise Bericht über seine Disziplinierung, andererfeits führt er scharf
und nicht unwirksam den schriftmäßigen Gegenbeweis gegen Trellunds orthodore
Thesen. Gegenüber dem „Bekänntnüß“ von 1708 hat sein Separatismus an
10) Abgedruckt Heilsame Wahrheit S. 390 ff.
17) Zu Trellund vergl. den Bericht Günthers Bu Me9, 317 f. und 121I. Vl, 400 jf.