Die Küster
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Studiosus juris und adeliger Hofmeister gewesen war. Ihm war seit 1008 der Schuldienst
genommen und einem Schneider übergeben worden; er bat um Wiedereinsetzung in den Schul-
dienst.
Schon frühe regten sich bei den Küstern Selbstbewußtsein und Freiheitsliebe.
Bei mehreren Gemeinden in Augeln fand Fabr., daß dort die Schulmeister bei
Leichenbestattungen als Redner (im Hause) auftraten; trotz Beschwerde der
Pastoren glaubte er dem nicht entgegentreten zu dürfen, soweit solches auf be—
sonderen Wunsch der Leute geschähe. Won Küstern, die sich dem Pastor gegen—
über als widerspenstig erwiesen und mit großer Geduld ertragen wurden, erzählen
Fabr. Vis. berr. mehrfach; einer wehrte seinem Pastor sogar die Inspektion seiner
Schule.
Andererseits wird auch vielfach von sehr unwürdigen Vertretern dieses Standes
berichtet, vor allem von starken Trinkern.
Die vielfach ungenügende Besoldung nötigte manche Küster zu Neben
verdiensten, welche von den Kirchenoberen als mit ihrem Amte nicht ver
träglich beurteilt wurden.
In Morderbrarup wurde dem Küster wiederholt verboten, Bier zu schenken. „Krüger
lann kein Küster und Küster kein Krüger sein“, bemerkt Fabr. — In Kahlebv wurde dem
Küster das „Streichen auf der Violen“ bei Versanmlungen verboten, „sintemahl ein Küsier
tein Spielmann sein soll“ (Fabr. 1041). — Im Amte Flensburg fsand Klotz „den
Misibrauch, dasi Küster, so sich billig als Kirchendiener achten sollen, mit Saitenspielen auf
warten, teils auch für Schaffer und Einschenker sich gebrauchen lassen, dadurch sie dem Gesuffe
mehr denn der Abwartung ihres Amtes werden zugetan“. Durch Verfj. vom 20. Juni lonlo
Bull, 450) wurde solches verboten.
So konnte sich erst allmählich der ehrenwerte, fromme und fleisiige Küsterstand
bilden, der im 18. und 19. Jahrhundert in den Landgemeinden unseres Landes
für Kirche und Schule unermesiliche Dienste getan hat.
Eine eigentümliche Einrichtung war die der sog. La ufküsster. Sie bestand
darin, daß die reiferen Schüler der städtischen Lateinschulen abwechselnd in den
„nahe“ (bis zu zwei Meilen Entfernung!) gelegenen Landkirchen am Sonntage
die Küsterdienste verrichteten und an einem Wochentage (meistens wohl am Sonn
abend) den Bauerkindern den Katechismus einprägten, so daß also diese Gemein
den eines festangestellten Küsters (eines „Sitzküsters) entbehren konnten. Von
der Kathedralschule in Ripen, welche zu Zeiten 700 Schüler zählte, sollen auf
diese Weise 35 Gemeinden, zum Teil auch im Schleswigschen, versorgt worden
sein. Die Einrichtung stammte aus dem Mittelalter und hatte den Zweck, armen
Schülern ihren Aufenthalt an der Schule zu erleichtern. Aber sie ist von unserer
KO ausdrücklich konserviert worden (S. 83). Darüber muß man sich einiger.
masten wundern. Denn es war eine schlechte Institution. Nicht nur, insofern
sie viele Gemeinden hinderte, eine bessere Einrichtung zu treffen (Klotz, Mis. ber.),
sondern auch für die Schüler-Küster selber. Sie versäumten ihre Studien, trieben
sich auf der Landstrase herum und lernten, da die Bauern nach der bei ihnen
reihum gehenden Katechismusstunde gerne eine Gasterei veranstalteten und die
jungen Leute auch zu Hochzeiten und Kindtaufen einluden, das Fressen und
Saufen. Mur die einseitige Einstellung der hinter der KO stehenden Männer
auf das Interesse der Lateinschulen läsit es erklären, daß sie dies Residuum aus
dem Mittelalter konservierten, statt energisch auf feste Bestellung von Ortsküstern
zu drängen. Uebrigens scheint diese Einrichtung nur in Ripen und Haders—
leben bestanden zu haben; wenigstens hören wir anderswo nichts von ihr. Erst