B. 1l, 9 2. Die Landesfürsten
zu seiner Mätresse, der Düvecke (Täubchen), und ihrer Mutter Siegbrit, der er
sogar Verwaltungsgeschäfte überließ, untergrub seinen moralischen Ruf. Die Grau—
samkeit, mit der er in dem berüchtigten „Stockholmer Blutbad“ (1520) 90 schwe—
dische Adelige hinrichten ließ, hat die endgültige Trennung Schwedens von Däne—
mark — nur die Landschaft Schonen (Skaane) blieb erhalten — und die Auf—
richtung eines neuen schwedischen Thrones durch Gustav Wasa verursacht. Sein
nicht unberechtigter, aber unklug vorgehender Reformeifer, seine Mißachtung des
Adels und der Geistlichkeit führten schließlich zur Katastrophe. Man kündigte ihm
1523 förmlich den Thron. Statt wacker Widerstand zu leisten, der ihm, gestützt auf
die Bürger- und Bauernschaft, wahrscheinlich hätte den Sieg bringen können,
derließ er in einem Anfall von Mutlosigkeit sein Land, das er nach neunjährigem
Herumtreiben in der Welt nur als Gefangener wieder betreten sollte.
Christians II. Stellung zur Reformation ist unklar und
schwankend. Mit der von Luther ausgehenden Bewegung schon durch seine enge
Verwandtschaft mit dem sächsischen Kurfürsten frühzeitig bekannt geworden, glaubte
er in ihr eine Stütze in seinem Kampfe gegen die selbstbewußten und widerhaarigen
Praelaten seines Landes zu finden. Er ließ sich deshalb 1820 von seinem Oheim
einen wittenbergischen Magister, namens Martin Reinhard, senden, der
denn auch in Kopenhagen predigte, wobei ihm der dänische Erasmus Paul Hel—
gesen Eliage) die Hilfe leistete, daß er seine Predigten ins Dänische übersetzte.
Aber jener mußte vor den Machinationen der Geistlichkeit die Flucht ergreifen,
dieser zog sich zurück. So hat Reinhard keine reformatorische Bewegung verursacht.
Der König berief dann auch noch Carlstadt nach Kopenhagen, der aber nur
wenige Wochen (im Mai und Juni 1521) dort verweilte. Ja, er soll sogar während
des Wormser Reichstages um Luther selbst geworben haben. Als dann Luther in
die Reichsacht erklärt worden war und vom Erdboden verschwunden zu sein schien,
ließ der König aus Furcht vor dem Kaiser alle Beziehungen zur Wittenberger
Reformation wieder fallen. So sind seine reformatorischen Versuche, wie sie denn
aus unlauteren Motiven heraus unternommen worden waren, für seine Länder
zunächst vergeblich geblieben.
Er selber freilich und erst recht seine herzensfromme Gemahlin haben sich, als
sie sich 1523 /24 am kursächsischen Hofe aufhielten, persönlich Luthern und seiner
dehre so stark genähert, daß dieser ganz begeistert war und an Spalatin schrieb,
„der unglückliche König, von dem mans am wenigsten hätte erwarten sollen, lebe
nur noch Christo, und Gott wolle so vielleicht ein selten Wildpret, einen König und
reine Königin in Himmel bringen““). Ja, die Königin nahm auf dem Nürnberger
Reichstag 1524 in demonstrativer Weise aus Osianders Hand den Laienkelch. Chri—
stian hat dann doch 1530, als er Kaiser Karls Hilfe zu gewinnen hoffte, in den
Niederlanden der lutherischen Ketzerei abgeschworen. Der gutmütige und welt—
unkundige Luther hat, vielleicht auch, weil er von dieser Rückkonversion nichts wußte,
stets an seiner Verehrung für den „unglücklichen König“ festgehalten und, als dieser
in Gefangenschaft geraten war, sowohl an Friedrich J. wie an Christian rührende
Briefe geschrieben, an jenen, um ihn zu einem milden Verfahren gegen den Ge—
fangenen zu mahnen, an diesen, um ihn wegen seines Geschickes zu trösten“). Für
die Reformation Dänemarks ist der Aufenthalt Christians in Sachsen insofern
von großer Bedeutung geworden, als sein Parteigänger Hans Mikkelsen
) Köstlin, Maͤrtin Lutber, 5. Aufl. J, 626.
9) Vgal. Köstlhin II, 291. Enders, Luthers Briefe 4, 403 ff. Jeit schra f. Kgsch. 2,
oo f. 20, 234 ff. .