B. 2, K. 4, 8 35. Der Kultus
Es folgte nunmehr die Austeilung der Elemente (Communi-
catio), und zwar, wie ausdrücklich geboten wird, sti ll, ohne weitere Worte ').
Dagegen wurde sie während ihrer ganzen Dauer von Gesang des Chors
(Küsters) und der Gemeinde begleitet. Obligatorisch KO S. 28) war der Ge—
sang: Jesus Christus unse Heiland, de van uns Gades Torn wandt (Walther
S. 30). Dieser ward stets zuerst gesungen. Wenn man mit ihm nicht auskam,
folgten Gesänge wie „Gott sy gelavet und gebenediet“ (S. 40) und „Wat kan
uns kamen an för Not“ (S. 809). Den Schluß bildete in der Regel „O Lamm
Gades vnschuldig“ oder (Olear.) „Nun lob, mein Seel den Herren“.
Nach Beendigung der Austeilung (,„Berichtinge““, KO) kehrte der Priester sich
mit dem erneuten Grusße „De Herr sy mit ju“ wieder dem WVolke zu und
sprach, zum Altar gewandt, die Danksagungskollekte cdie uralte, auch
in unserer Gottesdienstordnung vorgeschriebene). Das Volk antwortete mit
Amen. Mit einer „Benediynge“, d. h. der Segnung des Volkes mit dem
Aaronischen Segen“), schloß der Priester die eigentliche Messe ab. Es folgte
jedoch noch ein Schlußgesang des Chors „nach Gefallen des Schul—
meisters“.
Während des Gesanges zog der Priester das Meßkleid aus, kniete wieder vor
dem Altar und sprach ein kurzes Dankgebet für sich selbst.
Die Abendmahlsfeier als solche war also sehr einfach. Nur an den hohen
Festen, Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Trinitatis und nur in den Städten
war eine feierlichere Form mit lateinischhem Gesang geboten (Introitus, Gloria,
Halleluja, Sursum corda, Sanctus, Pater Noster und nach den allemal
1542 abgefasiten KO die betr. Stelle ausgelassen ist, so wird das damit zusammenhängen, daß
Bugenhagen mittlerweile für Abstellung der Elevation gestimut worden war (Mich. S. 159).
Wenn aber auch kein ausdrückliches Verbot derselben aufgenommen ist und bei der Kranken—
kommunion die Elevation ausdrücklich erwähnt wird ( Ko S. 59), so darf man annehmen,
daß man sie nicht verbieten wollte, und daß sie daher bei der im allgemeinen konservativen
Stimmung unserer Geistlichen und Gemeinden in den meisten Kirchen beibehalten worden ist.
Aehnlich wird es auch mit dem Klingeln des Cymbalums gewesen sein, das im
Entwurf noch beizubehalten gestattet worden war (Mich. S. 150). In 25 Kirchen unseres
Landes sind solche Glöcklein im Chor noch vorhanden (Haupt, Bau- und Kunstdenkmäler III,
S. 120).
*0) Die stille Darreichung der Elemente ist in unserm Lande früh abgekommen. In einer
jedenfalls von Klotz veranlaßten Königlichen Verfügung vom 9. Maärz 1660 (CRH , 257)
wird vorgeschrieben, daß zu den Kommunikanten gesagt werden soll: „Der Leib Jesu Christi,
für deine Sünden gegeben, stärke und erhalte deinen Leib und Seele zum ewigen Leben.
Amen. Das Blut Jesju Christi, für deine Sünden vergossen usw.“ Aber auch auf Gottorf⸗
schem Ciebiete finden wir früher diese Aenderung. In dem Tatinger „Missale“ von 1025 (vgl.
die Mitteilung von Rudolf Munsi im „Deutschen Pfarrerblatt“ 1937, S. 252) heißt es
nach der Römischen, von Luther in der Formula Missae übernommenen Formel: „Dat wahre
Lvff Christi Jesu, vör Juw gegeven, bewahre Juw Lyff und Seel thom ewigen Levende.
Amen. Dat wahre Blodt Christi Jesu, vör Juw vörgaten, bewahre juw Lyff und Seel thom
ewigen Levende, Amen.“ Die Betonung des „wahren“ Leibes und Blutes, die sich bei Luther
nicht findet, entstammt vielleicht der lutherischen Reaktion, die nach Herzog Johann Adolfs
Tode gegen dessen kryptokalvinistische Machinationen einsetzte (vygl. oben S. 104 f.). Die Hoch⸗
fürstl. Verordnung von 1735 schreibt die Spendeformel vor: „Nehmet bin und esset, das ist
der wahre Leib Christi, sfür euch in den Tod gegeben, der stärke euch im Glauben zum ewigen
Leben. Trinket, das ist das teure Blut Christi, für eure Sünde vergossen, das stärke euch im
Glauben zum ewigen Leben.“ Im übrigen vgl. hierzu die Abhandlung von Th. Woß, Zur
Gesch. d. Spendeformel in SHe(in MGt Keloll, S. 84 ff.).
21) Dieser ist erst durch Luthers Formula missae bei der Messe in Gebrauch gekommen.