Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 4, 8 35. Der Kultus 
früh plattdeutsch war) die friesische, in der Mitte und im Osten (Angeln) die west— 
ütische. 
Die Nordfriesen haben ihre deutsche Kirchensprache scheinbar niemals 
als etwas Unpassendes oder Anormales empfunden. Wußten sie doch selber nur 
zu gut, daß sie bei der Kleinheit ihres Gebietes keine besondere Kirchensprache be— 
anspruchen konnten, und schätzten das Plattdeutsche als allgemeine Verkehrs- und 
Geschäftssprache, ja bei der Mannigfaltigkeit der friesischen Dorfdialekte gelegent— 
lich sogar als einziges oder bestes Mittel der Verständigung untereinander. So 
haben sie die deutsche Kirchensprache stets geehrt und geliebt und sind durch sie und 
das deutsche Geistesleben, an dem sie vermöge ihrer Kirchensprache teilnehmen 
konnten, zu guten Deutschen geworden, obwohl sie völkisch von den Niedersachsen 
mindestens ebensoweit abstehen wie die Dänen. 
Etwas anders war es doch mit den östlich an die Friesen angrenzenden 
Jüten“). Die natürliche Kirchensprache wäre für sie ebenso wie für ihre nörd— 
lichen Sprachgenossen das Hochdänische gewesen. Dennoch scheinen sie — jeden— 
falls während unserer Periode — der plattdeutschen Kirchensprache kaum irgend— 
welchen Widerstand entgegengesetzt zu haben. Im Gegenteil: wenn man etwa ab— 
sieht von den nördlichsten Gemeinden wie Ladelund, Medelby oder Handewitt, 
haben sie sich, zumal nachdem auch der Elementarunterricht in deutscher Sprache 
vor sich ging, mit ihr gut vertragen, ja sie schätzen gelernt. Wom Hochdänischen 
wußten sie nichts; das Deutsche war für sie der einzige Weg zu einer höheren 
Geisteskultur, und es zu lernen hat ihnen sicher nicht viel mehr Mühe gemacht, 
als den Nordschleswigern das Erlernen des doch stark von ihrem Patois ab— 
weichenden Seeländischen Hochdänisch. Dazu kam, daß das Miedersächsische sich 
schon vermöge seiner natürlichen Schwerkraft immer weiter nach Norden vorschob 
und das alte, schon an sich unreine und mit Plattdeutsch und Friesisch vermischte 
Patois (man nannte es spöttisch „Rabendänisch““) immer weiter zurückdrängte. 
Namentlich Angeln ward schon während unserer Periode immer mehr zu einem 
vlattdeutsch sprechenden Lande, im Süden wohl noch schneller als im Norden. 
Auch hier wäre ebenso wie im Friesischen die Sache ruhig verlaufen und hätte 
reibungslos zu einer völligen Verdeutschung dieses Gebietes geführt, wenn nicht 
die Danen in nationalem Uebereifer, man kann auch sagen: in einer gewissen Ro— 
mantik dieses einst platidänisch sprechende Gebiet zum Gegenstande ihrer Dani— 
sierung oder, wie sie es auffaßten, Re danisierung gemacht hätten (1852 ff.). 
Diese Versuche sind bekanntlich ziemlich vergeblich gewesen: die Gemeinden wiesen 
damals in der Mehrzahl die ihnen neu gebrachte dänische Kirchensprache ab und 
wollten bei der ihnen lieb und wert gewordenen deutschen bleiben. Darüber wird 
später das Nähere zu sagen sein. Was uns hier interessiert, sind die Anklagen, 
welche dänische Schriftsteller, vor allem C. F. Allein“), gegen die Aufrichtung 
deutscher Kirchensprache in jütisch sprechenden Gemeinden erhoben haben. Hierzu 
sei ganz kurz folgendes gesagt: 
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a0) Die an der friesischen Grenze entlang laufenden Gemeinden mit überwiegend platt— 
tänischer Volks-, aber deutscher Kirchensprache sind: Süderlügum, Humptrup, Braderup, Klir⸗ 
büll, Leck, Hackstedt, Joldelund, Viöl, Olderup, Schwesing. 
ir) Allens großes Werk: Gesch. der dänischen Sprache im Herzogthum Schleswig oder 
Sübjütland (2. Bden, Schleswig 1857 /58) ist trotz seines überhitzten dänischen Nationalismus 
auch heute noch durch das reichliche Einzelmaterial, das es bietet, ein wertvolles Quellenwerl.
	        
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