B. 2, K. 4, 8 37. Musik. Teil des Gottesdienstes
schaffen, hat offenbar eine private Arbeit des Propsten von Münsterdorf, An⸗
dreas Schwesinger von Cronhelm, gehabt. Es ist die 1001 zu
Glückstadt gedruckte Evangelische Singandacht“ (Bred. S. 41ff.).
Sie enthält 280 Nummern und ist in der Auswahl durchaus eigene Wege ge—
gangen. Die „Singandacht“ hat offenbar guten Erfolg gehabt, das beweisen die
weiteren, in der Liederzahl fortschreitend erweiterten Ausgaben (1705 mit 326,
1721 mit 426 Nummern, 1727 dsgl.). Für das Fortschreiten des Pietismus in
unserm Lande ist bezeichnend, daß im Jahre 1739 „zum Gewöhnlichen Glück—
städtischen Gesang-Buch“ ein „Heuer Anhandg“ erschien, der, während die
bisherigen Ausgaben sich noch fast rein auf orthodoxer Linie gehalten hatten, wohl
zum dritten Teile aus den Liedern besteht, „welche das Freylinghausensche Gesang—
huch zuerst aufgenommen oder doch zuerst weiter verbreitet hat“ (Bred. S. 45).
„Mehr eine Privatarbeit und eine Art von Gesangbuchentwurf ist zu
nennen“ (Bred. S. 46) das seinen 1096 erschienenen Soliloquien oder Geist—
lichen Seelengesprächen angebundene „Schleswig-Holsteinsch Gesangbuch“ Tro⸗
gillus Arnkiels (vergl. oben S. 207).
Ein Spezialgesangbuch ist das von GS Muhlius „zum Ge—
brauch der SH Kirchen in denen gnädigst angeordneten Beht-Stunden aus—
gefertigt SH Buß-Glaubens- und Danck-Opfer“ mit 158
Liedern (Schleswig 1712).
Fast gleichzeitig mit diesem Spezialgesangbuch (17 12) muß ein „vollständiges““
offizielles Gesangbuch für das im Niedergang befindliche Gottorfsche
Gebiet erschienen sein (Bred. S. 49 ff.) *). Leider kennen wir die erste Ausgabe
gar nicht, wohl aber die von Herzog Carl Friedrich höchsteigenhändig bevor—
wortete neue Ausgabe von 1737 (17367) mit dem Titel: „Hoch-Fürstl.
Schl. Holst. Gesangbuch“, die jedenfalls im Liederbestand sich wenig von
der ersten unterschieden hat. Dies erste und einzige Gottorfsche
Landesgesangbuch zählt nicht weniger als 1032 Lieder und ist das erste
offizielle Gesangbuch in SH, das den Erzeugnissen pietistischer Poesie Aufnahme
gewährt hat, allerdingg nur in geringem Umfang und mit Beschränkung auf den
älteren Pietismus. Im ganzen ist es ohne Zweifel eins der besten bisherigen
Leistungen (Bred. S. 60).
Zwei Privatsammlungen erschienen in Altona, das „neu⸗verbesserte
Gesangbuch“ (ohne Jahreszahl) und das sog. Sa ßsche Gesangbuch von
1717 Gred. S. 61 ff.). Das letztere ist insofern sonderlich bedeutsam, als hier
zum erstenmal „in breitem Strome die pietistische Liederdichtung in unser Land
hineinflutet““. unter 823 Nummern stammen nicht weniger als 230 von pieti—
stischen Verfassern, unter ihnen auch sogar von Vertretern des extremen, separa⸗
tistischen Pietismus, so 18 allein von Gottfried Arnold. Auch der katholische
Mystiker Scheffler hält hier mit 23 Liedern seinen Einzug in Schleswig—
Holstein. Bemerkenswert ist auch, daß Daniel Saß (Pastor an der Altonaer
Hauptkirche und Propst von Altona und Pinneberg, der Fürbitter für Altona bei
General Steenbock 1713, 4— 1717) das Buch zwar bevorwortet und damit s. z. s.
legalisiert, jedoch anscheinend nicht zusammengetragen hat: „ein frommer Kauf—
mann“ hat die Mittel zum Druck hergegeben. Wir haben hier also eine von Laien—
seite ausgehende Unternehmung zur Förderung der neuen Frömmigkeit.
15) Ob auch von Muhlius zusammengestellt?
158