Full text: 1517 - 1721 (2)

Die Taufe 
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Nach diesem Formular Luthers ist während unserer 
ganzen Periodeinganz SHdie Taufe gehalten worden, 
sollte jedenfalls einzig danach gehalten werden. Wie strenge von den kirchlichen 
Oberen auf Einheit und Gleichheit in der Zeremonie der Taufe gehalten wurde, 
ergibt sich aus folgendem: In Münsterdorf und Süderdithmarschen bemerkte man 
1082, daß etliche Prediger sich eine Eigenmächtigkeit erlaubten, indem sie im 
„Sintflutgebet“ hinter den Worten: „daß durch diese heilsame Sündfluth an 
hm (dem Kinde) ersauffe und untergehe, was ihm von Adam angeboren ist“ die 
Worte: „und er selbst darzugetanhat“ ausließen, wahrscheinlich weil 
sie sich nicht vorstellen konnten, wie ein eben geborenes Kind auch aktiv könne ge— 
fündigt haben. Auf Befehl des GS (v. Stöcken) mußten die Pröpste solches 
ernstlich verbieten, und der Süderdithmarscher bemerkt sogar, der GS habe ge— 
sagt: Wenn man den ersten Anfänger dieser Auslassung erfahren könnte, müsite 
derselbe ernstlich angesehen werden?). 
Schon aus diesem strengen Festhalten an der Taufform Luthers ergibt 
sich, dast die von ihm besonders geschätzten und deshalb als Merkmal echt luthe— 
rischer Rechtgläubigkeit angesehenen beiden Erorzismen während unserer 
ganzen Periode in SHeobligatorische Stücke des Taufvollzuges geblieben sind ). 
Obligatorisch war, daß die Kinder in der Kirche getauft wurden — das 
Unternehmen der adeligen Herren, ihre und „ihrer Diener“ Kinder im Hause 
taufen zu lassen, wurde von den GGSéS getadelt (Fabr.) — und zwar inner⸗- 
halbdes Hauptgottesdienstes. Die Stellung der Taufe innerhalb 
der „Messe“ war allerdings lokal verschieden: hier vor, dort nach der Predigt; an 
manchen Orten machte man zwischen „echten“ und „unechten““ Kindern den Unter— 
schied, daß die ersteren vor, die anderen nach der Predigt getauft wurden. In 
diesem Punkte wurde von den GGSS nicht auf Einheitlichkeit gedrungen, sie 
verlangten aber, daß die Taufe innerhalb des Gottesdienstes und nicht erst nach 
dem Schlußsegen stattfände: die Gemeinde sollte durch das Miterleben einer 
Kindertaufe an den Segen der eigenen Taufe erinnert werden (Fabr.). Vor, 
während (beim Hingehen zum Taufstein) und nach der Taufe scheinen vielfach 
) „Der ersie Anfänger““ ist vermutlich Paul Walther, der schon in seinem Kerckenhand— 
bökjchen die betr. Worte ausgelassen hat. Auch Kaftan in seinem Liturg. Handbuch hat die 
Worte stillschweigend ausgelassen. 
) Bekanntlich wurde die Teufelsbeschwörung schon in der orthodoxen Periode vielfach, 
aamentlich von sektierischer und kryptokalvinistischer Seite angesfochten. Im Königreich hatte 
JIvar Bartholinus schon 1500 den Exorcismus theologisch bekämpft, war aber dißzipliniert 
worden (vergl. Dän. Bibl. INV, S. 5 ff.), und König Christian IV. hatte seine ursprüngliche 
Idee, diesen Brauch abzuschaffen, nicht durchsetzen können (vgl. oben S. 173). In unserm 
dande hatten Herzog Johann Adolf und feine kryptokalvinistischen Berater sich in gleichem 
Sinne bemüht (vgl. oben S. 103). Und 1037 fand man (Fabr.), daß in Schönwalde die 
Taufe ohne Erorzismus verrichtet wurde, was auf einen dort vor 20 Jahren tätig gewesenen 
Prädikanten zurückgeführt ward. Aber nach dem Siege des Luthertums über den höfischen 
Kryptokalvinismus versteifte man sich in Gottorf erst recht auf den Erorzismus, und 1005 
wurde der Pastor zu Sahms Gottfried Friedeborn (vgl. oben S. 351) wegen Auslassung 
desselben angefaßt. Noch 1735 mandierte Herzog Carl Friedrich, daß der Erorzismus nicht 
anterlassen und, wo er abgeschafft, wieder hergestellt werden solle. Erst 1743 erfolgte nach 
sorgfältiger Vorbereitung im Königlichen Teile die Abschaffung des mittlerweile allzu an— 
stößig gewordenen Brauchs. Vgl. den lehrreichen Bericht in der Dän. Bibl. VI, S. 1-128. 
Es war der Pietismus, der auch in diesem Stücke das Altluthertum überwand.
	        
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