Full text: 1517 - 1721 (2)

Die Beichte 
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liegt das eigentliche Sakramentale dieser Handlung, ihre heilsnotwendige Be— 
deutung. In der Absolution oder ihrem Gegenstück, der „Behaltun'“g“ der 
Sünden, wirkte sich das auch nach lutherischer Lehre der „Kirche“ und als ihrem 
Amtswalter dem Priester oder Kirchherren (KO) übertragene hochwichtige Amt 
der Schlüssel aus, welches seinerseits sich nach lutherischer Auffassung auf 
deutliche Aussagen der Heiligen Schrift (Matth. 160, 19; 18, 18 und Joh. 20, 
22f.) gründet und als ein Teil des (geistlichen) Kirchenregiments angesehen 
wurde. 
Wieviel Luther persönlich von der priesterlichen Absolution als der feierlich und 
ausdrücklich dem heilsverlangenden Individuum zugesprochenen Sündenvergebung 
gehalten hat, ist bekannt. Wie notwendig und heilsam er diese heilige Handlung 
auch für das Kirchenvolk gehalten hat, wird dadurch erwiesen, daß er seinem 
Katechismus ein eigenes „Hauptstück“ (das fünfte: De Confessione oder „Wie 
man die Einfältigen soll lehren beichten““, dem als sechstes das Lehrstück vom 
Abendmahl folgte) über sie eingefügt hat. 
Daß auch die Väter unserer KO dieser Handlung einen ungemeinen Wert bei— 
gelegt haben, zeigt sich sowohl in ihrer Definition der Absolution (sie stellt, 
wenn sie im Glauben empfangen wird, das in der Taufe versiegelte Bündnis 
zwischen Gott und dem Menschen wieder her) als auch in ihren sorgfäl— 
igen Vorschriften für sie (KO S. 43- 460). 
Allererst wird die rechte evangelische Art der Beichte eingeprägt. Es 
kann vom Sünder nicht verlangt werden, daß er „alle und etliche böse Stücke 
seines Lebens erzähle““, wie das im Bußsakrament bisher erfordert worden war. 
Denn die „Ohrenbeichte?) sollen wir nicht nötig machen“, d. h. wir 
sollen sie den Leuten nicht als Zwang auferlegen, sondern sie „nützlich“, d. h. zur 
Erleichterung eines beschwerten Gewissens gebrauchen. Und dieser nützliche und 
gute Gebrauch der Beichte besteht darin, daß wir uns entweder im allgemeinen 
als Sünder bekennen oder aber etliche Missetaten oder was sonst unser Gewissen 
besonders bedrückt, dem Beichtvater mitteilen. Bei solchen besonderen Bekennt— 
nissen soll der Priester vorsichtig und weise verfahren und je nach Gelegenheit 
der Sünde die richtige Seelenarzenei aus dem Worte Gottes hervorholen. Wenn 
daun der Beichtvater befindet, daß der Sünder nicht im Banne steht oder als 
Gebannter noch nicht wieder mit der ecclesia, der allgemeinen Christenheit ver— 
söhnt ist, soll er ihn „durch Auflegen der Hände“““) absolvieren. So wird sehr 
schön die seelsorgerliche Bedeutung der Absolution hervorgehoben. 
Ueber die Form der Handlundg wird in der KO nichts gesagt. Wir 
dürfen nicht zweifeln, daß es damit überall in unserm Lande nach der Anweisung 
des lutherischen Katechismus gehalten wurde, nämlich so: Der Beichtende kniete 
vor dem im Beichtstuhl bzw. der Sakristei sitzenden Priester nieder und sprach: 
„Werdige leve Here, ick bidde juw da gy willen myne Bicht hören/ vnde my 
1n) Dies Wort wird hier nicht im üblen Sinne gebraucht. Als Confessio auricularis 
wird die Beichte auch 1587 noch in einem amtlichen Schriftstück (Mon. ined. IV, 3374) be⸗ 
jeichnet. Geheime und einzelne Beichte sollte ja auch die lutherische sein und bleiben. Als un— 
evangelisch wurde bei der katholischen Beichtpraris lediglich der Zwang zur Aufzählung ein— 
zelner Sünden und die Auferlegung besonderer Bußwerke (Satisfactio) getadelt. 
21) Also die Handauflegung wird eigens geboten. Sie war das äußere Zeichen, 
welches die Auffassung der Absolution als eines Sakraments ermöglichte. 
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II.
	        
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