Die Beichte
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giösen Empfindung sich stark nach der intellektuellen Seite verschoben hatte —,
besonders bedenklich war die in der KO (S. 48) den Priestern gegebene Er—
laubnis, den Leuten, welche man „kenne und die solchen Fragens nicht bedürften“,
dies Examen zu erlassen, womit den Pastoren Gelegenheit gegeben war, den
„bessern“ Leuten durch die Finger zu sehen und die Prüfung nur bei der Jugend
und dem „gemeinen Volke“ vorzunehmen und somit zwischen Christen erster und
zweiter Klasse einen Unterschied zu machen, der die Maulfertigkeit oder die bessere
Bildung höher bewertete als die Stärke der religiösen Empfindung und den sitt—
lichen Ernst.
Da sowohl vielen Pastoren zu einer frei gestalteten Prüfung, als der grosien
Masse die Sprachfertigkeit zur eigenen Formulierung der Antworten mangelte,
hat man schon früh neben den formulierten Formeln des Katechismus beson
dere Formelnfürdas Beichtexamen geschaffen. Schon Luther hat
das gemacht“). Die in unserm Lande gebrauchten Fragen weichen indes von
denen Luthers ab. Woher sie stammen, wäre noch festzustellen “).
Totschläger, Blutschänder oder wer sonst mit offenbaren Sünden der allge—
meinen Christenheit ein Aergernis gegeben hatte, sollten die Absolution nicht
heimlich, sondern erst nach öffentlich getaner Busse empfangen. „Denn gegenüber
einer öffentlichen Sünde gehört auch eine öffentliche Absolution. Was aber
heimlich geschehen ist, das soll auch heimlich absolviert werden.“ (KO S. 460.)
3. Die Kommunion (de Berichtinge).
Der Feier des Abendmahls innerhalb der Messe haben wir vorhin gedacht.
Hier handelt es sich um die Kommunion (Communicatio, KO), die Teilnahme
15) Val. W. A. 11, 79 und Brieger im Zeitschr. für KGesch. 4, 540 ff. Ferner
Mich. S. 109 und Rietschel II, S. 372 ff.
6) Da diese Formeln den meisten Lesern völlig unbekannt sein werden und es doch für uns
ganz interessant zu wissen ist, was unsere Väter außer dem Katechismus sich wörtlich ein—
zuprägen und bei jeder Beichte zu wiederholen hatten, halte ich es für nötig, sie nach Walther
in ihrer plattdeutschen Form (die hochdeutsche findet sich bei Olear.) wörtlich mitzuteilen. Sie
lauten: Frage: Gelöwesiu dat du ein Sünder bist? Antwort: Ja, Ick gelöve ydt / Ick bin
ein Sünder. Fr. Woruth weestu dat? A. Vtih den hilligen tein Gebaden, de ick nicht geholden
hebbe. Fr. Wat heffstu mit dynen Sünden vordenet? A. Gades Torn vnde Vnugnade, tydtliken
dodt vnd ewige Vordömniß. Fr. Sind dy överst duyne Sünden ock van Harten leydt? A. Ja,
van Harten. Ir. Wes tröstestu dd? A. Mynes HERENM vnde Heylandes Jesu Christi. Fr.
Wol vs Jesus Christus? A. Gades vnde Marien Söhn / wahrer Godt vnde Minsche. Fr.
Wovele Göder synd dar? A. Idt ys man ein einiger Godt, överst in dem einigen gödtliken
wesende synd dree vnderschedene Personen / Godt de Vader / Godt de Söhne / vnd Godt de
hillige Geist. Fr. Wat hefft överst Jesus Christus vor dy gedahn, dat du dy syner tröstest?
A. He ys vor mu gestorven / vnde hefft syn blodt am Stammen des Crützes vor my vor
gaten tho Vergevinge aller myner Sünd. Fr. Wat hefft Ehn doch dartho bewagen? A. Syne
hertliche Leve de he tho my vnde allen Sündern drögt. Fr. Worümme wiltu thom Sakra—
mente gahn? A. Vp dat yck mynen Geloven bestedige / dat Christus sy vmme myner Sünde
willen darhen gegeven / vnde vmme myner Gerechtigheit willen wedderümme van den Doden
vperwecket. Fr. Wat entfangstu denn in dem Hochverdigen Aventmahle? A. Dat wahre wesent
tike Lyff vnde dat dühre Blot Jesu Christi / vnder dem gesegendem Brode vnd Wyue. Fr.
Wat beweget dy solckes tho gelöven? A. De wörde Jesu Christi: Nehmet hen / Ehtet / dat
vs myn Lyff / drincket alie daruth / dat ys de Kelck des Nyen Testaments in mynem Blode
Fr. Wat schöle wy överst dohn / wenn wy syn Loff ehten vnde syn Blot drincken? A.
Wo schölen synen Dodt vnd Blotvorgeten vorkündigen vnde gedenken / wo he vns gelehret
hefft: Solckes doht / so offt gyendt doht / tho myner gedechtenisse.