Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 4, 8 38. Priesterliche Verrichtungen 
Ebenso wie bei der Taufe hat unsere KO für diese Handlung eine be— 
stimmte Form mit Gesetzeskraft vorgeschrieben (S. 50). Ausdrücklich wird 
verordnet, daß sie nach alter Landessitte öffentlich im „Veisein der Leute“ lin 
facie ecclesiae, Ord.) von den Kirchendienern und nicht von einem Laien — 
das setzt unsere KO den Worten der Ord. ausdrücklich hinzu — vollzogen werden 
soll, und zwar nach der Weise, wie im Kleinen Katechismus Luthers geschrieben 
steht. 
Die gesetzlich vorgeschriebene Form der Trauung für unser Land ist also die in 
kuthers „Zgraubüchlein für die einfältigen Pfarrherru“, 
wie es dem Kleinen Katechismus von 1529 als Anhang beigefügt war“), ge— 
gebene, und die Folgezeit zeigt, daß es während unserer ganzen Periode dabei ge— 
blieben ist Immerhin finden wir schon bei Walther Formula Copulationis) 
und entsprechend bei Olear. gewisse Abweichungen von Luther. 
Vor allem ist die von Luther angeordnete Trennung zwischen einem vor der 
Kirche geschehenen Akt (Traufragen, Ringwechsel und die eigentliche „Zu— 
sammensprechung“') und der vor dem Altar geschehenden Schriftverlesung 
and Einsegnung bei Walther nicht zu finden: vielmehr vollzieht sich die ganze 
Handlung vor dem Altar. Wenn also die von Luther der katholischen Form ent— 
nommene Zweiteilung auch bei uns ursprünglich etwa bestanden hat, ist sie jeden— 
falls im Laufe der Zeit abgekommen. Die Schriftlesungen sind bei Walther die 
gleichen wie bei Luther, nur Ephes. 5, 22-24 ist ausgelassen. Den Abschlusi 
bildet abweichend von Luther ein Friedenswunsch: „De Frede des HEREM sy 
mit juw beyden. Amen! Amen!“ (Bei Olear. der Aaron. Segen.) 
Wie strenge die kirchliche Obrigkeit auf das Festhalten an der Lutherschen Form 
hielt, zeigt folgendes: Olear. hatte bei der Schriftlesung 1. Mos. 3, 10 f. hinter 
den Worten „und dein Wille soll deinem Manne unterworfen sein““, ob mit Ab— 
sicht oder nur aus Versehen, die Worte „und er solldein Herr sein“ 
ausgelassen *'a). Auf Befehl des Kön. GS (von Stöcken) mußten die Pröpste von 
Münsterdorf und Meldorf (und wohl auch die anderen) ihren Pastoren ernstlich 
einschärfen, diese Worte in ihre Exemplare des Kirchenbuchs handschriftlich ein— 
zutragen und hinfort nicht auszulassen, weil es Worte der Schrift seien (Const. 
VI, 104; Bu 1, 2556). 
5. Die Einsegnung der Sechswöchnerinnen. 
Die in der römischen Kirche als pia et laudabilis consuetudo erhaltene 
Benedictio puerperarum ist in manchen Reformationskirchen als ein zu fal— 
schen Vorstellungen (Notwendigkeit einer Reinigung der Gebärerin) und Miß— 
bräuchen führender Akt abgeschafft worden'). In unserer KO ist sie weder im 
positiven noch im negativen Sinne erwähnt, ist aber in SHeim allgemeinen bei⸗ 
behalten worden. Daß sie in den meisten Gemeinden üblich war, geht aus fol— 
gender Bemerkung Fabr. 1039 hervor: 
ꝛo) Vgl. dasselbe in E. A. 23, 207 ff. W. A. Bd. 30, Abt. 3, S. 74 ff. 
202) Nach Höck, Ritualschatz, S. 67, soll die Frau des Druckers Holwein die Worte heim—- 
lich aus dem Satz herausgenommen haben. 
21) Rietschel II S. 133.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.